■ Kommentar: Spinnen die?
Spinnen die Metallarbeitgeber? Welchen Sinn macht es, wo jeder Produktionstag und jeder zufriedene Mitarbeiter die Kassen klingeln lassen, die IG Metall mit Lohnangebotsverweigerung und frech-dreisten Zumutungen wie dem Verzicht auf vereinbarte Tarifverträge (35-Stunden-Woche, vermögenswirksame Leistungen etc.) bis aufs Blut zu reizen?
Die braven IGM-Funktionäre hätten doch nach ein bißchen Theater vor den Kulissen einem 3-Prozent-Angebot sofort zugestimmt. Billiger ist der Tarifabschluß auch nach einem Streik nicht zu haben. Was treibt dann aber Gesamt- und Nordmetall zu knallhartem Konfrontationskurs?
Ein bißchen Verbandschaos ist da fraglos im Spiel: Kleine und mittlere Klitschen fühlen sich vom Tarifniveau der Großbetriebe überfordert und machen mächtig Druck im Verband. Entscheidender ist jedoch die Lust eines wachsenden Teils im Unternehmerlager, am sozialpartnerschaftlich ausgedealten Flächentarifvertrag ein bißchen zu zündeln.
Dabei vereinbart das deutsche Tarifvertragssystem erhebliche Spielräume (regionale und betriebliche Lohndriften von über 30 Prozent sind locker möglich), mit den Vorzügen eines starren Systems: Ähnliche Arbeitsbedingungen für Erwerbstätige und ähnliche Kostenbedingungen für Unternehmen.
Jetzt aber träumen viele Bosse von den maroden USA: Deregulierung von Tarifsystem und Arbeitsrecht. Setzen sie sich durch, droht dem Standort Deutschland Chaos und ein den USA vergleichbarer Niedergang. Mit Werftarbeitern, die nebenbei noch Pizza ausfahren müssen, um ihre Miete bezahlen zu können, läßt sich nun mal die Schlacht um die Weltmärkte nicht gewinnen.
Florian Marten
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