■ Kommentar: Standort-Attentat
Hamburg und Berlin, seit 1989 ganz heiß von der wirtschaftsgeographischen Wonne-Sonne beschienen, werden auf Jahre hinaus dank des mutwilligen Dilettantismus von Verkehrs- und Wirtschaftspolitikern durch ein anachronistisches Verkehrsmittel getrennt bleiben. Weiterhin quälen sich überfüllte, verspätete und schlecht gemanagte Intercity-Züge durch Mecklenburg und Brandenburg, wofür sie mindestens 135 Minuten brauchen – wie vor 60 Jahren.
Erfüllen sich die Träume der Transrapid-Freaks, wird irgendwann zwischen 2005 und 2010 ein unausgereifter, störanfälliger Magnetwurm auf die Reise gehen. Er wird seinen – wenigen – Passagieren, die das Doppelte eines Bahntickets zahlen sollen, eine Strafsteuer zur Ehrenrettung der Transrapidingenieure und ihrer Bonner Freunde abverlangen. Dieser marktwirtschaftliche Irrsinn wird den Aufschwung der Achse Berlin-Hamburg massiv behindern.
Nein, hier darf offensichtlich nicht zusammenwachsen, was durchaus zusammengehört. Dabei wäre schon 1998 eine Tempo-200-ICE-Verbindung zwischen den beiden Nordmetropolen möglich gewesen, und das in einer Fahrzeit von 82 Minuten, für – angesichts der Transrapidmilliarden lächerliche – 500 bis 1000 Millionen Mark mehr.
Wenn Stadtchefs und Wirtschaftspolitiker im Norden angesichts dieser Fakten noch tönen, das Transrapid-Projekt sei eine einmalige Chance für den Wirtschaftsraum Hamburg-Berlin, sind sie entweder von ihrem Job überforderte dumme Jungs oder abhängige Industriesklaven, die sich als Handlanger einer subventionsabhängigen Wirtschaftslobby mißbrauchen lassen. Florian Marten
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