Kommentar: Hofberichterstattung
■ Springer-Blatt in Bremen unter Niveau
Nach der Gründung ihrer lokalen Wochen-Beilage im April 1997 machte die Welt mit eigenständigen journalistischen Beiträgen auf sich aufmerksam. Das kann man heute nicht mehr sagen, inzwischen scheint das Konzept darin zu bestehen, sich durch Selbstdarstellungen der politischen und wirtschaftlichen Eliten den „Entscheidern“ im Anzeigengeschäft gefällig zu machen.
Die erste lokale Donnerstags-Ausgabe hatte die Schlagzeile „Bürgerschaft wählte Scherf“. Ohne eine kritische Nachfrage berichtet das Blatt, was der Präsident der Bürgerschaft und der des Senats sagen, und wie die Pressestelle des Rathauses die neuen Senatoren im günstigen Licht dargestellt sehen möchte. Über der vierten und fünften Lokalseite steht dann schon „Anzeige“, obwohl große Texte in der Typografie der Welt gedruckt sind – offenbar als Anzeigen „bezahlte“ Texte, in denen Firmeninhaber sich darstellen lassen. Und auf der sechsten Seite darf der Parkhotel-Direktor sich darstellen, diesmal aber ohne das Wort „Anzeige“ darüber. Autor ist ein Mitarbeiter der Welt aus Hamburg, der sein journalistisches Handwerkszeug beim SED-Blatt Neues Deutschland gelernt hat.
Auch wenn dieser Stil den Repräsentanten der großen Koalition in Bremen gefällt – journalistisch siedelt sich der Bremen-Teil der Welt damit deutlich unter Niveau – auch des überregionalen Teiles der Welt – an. Klaus Wolschner
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