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Kommentar zur Datensammelwut des Bremer Taxi-RufsUnzulässige Totalkontrolle

Die Überwachungsmaßnahmen des Bremer Taxi-Rufs zielen auf die umfassende Kontrolle der Angestellten. Sie könnten nur die Spitze eines Eisbergs sein.

Da hat sich der Taxi-Ruf Bremen aber gründlich verfahren. Bewegungsprofile, Pausenzeitmessung, heimliche Gesprächsüberwachung – das zusammen heißt Totalüberwachung der Fahrer, Eingriffe aber auch in die geschützten Persönlichkeitsrechte der Kunden. Gesetzlich zulässig ist eine solche Rundum-Ausspioniererei keinesfalls, die komplett fehlende Sensibilität des Bremer Taxi-Rufs gegenüber jedem Datenschutz aber macht die Überwachungsmaßnahmen zum Skandal. Unklar ist noch: Sind die Datenschutzverstöße ein bedauerlicher Einzelfall oder gar gängige Praxis im Gewerbe?

Es grenzt an Dummdreistigkeit, wenn die Taxi-Unternehmer ihre Datensammelwut mit besserem Kundenservice begründen, so als hätten sie die Routenkontrolle nur deshalb installiert, um vergesslichen Fahrgästen zu verspäteten Quittungen und im Taxi vergessenem Eigentum zu verhelfen. Es geht hier um nichts anderes als um die Überwachung der Angestellten. Dass der Fahrgast, der keine Gesprächsaufzeichnung wolle, ja auflegen und damit aufs Taxi verzichten könne, belegt eindrucksvoll, wie weit es mit der Kundenfreundlichkeit her ist.

Klar ist: Nun sind die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder gefragt, das Ausmaß der Überwachungspraxis zu ermitteln und solchen Methoden den Riegel vorzuschieben. Die Spitze des Eisbergs ist freigelegt. Nun geht es darum, den Berg zum Schmelzen zu bringen.

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3 Kommentare

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  • O
    Otto

    "Es geht hier um nichts anderes als um die Überwachung der Angestellten."

     

    Unsinn, kompletter Quatsch!

  • KK
    Kai Kungel

    Ich hätte als Kunde, der ein Taxi in Bremen bestellt, ein wenig mehr Respekt erwartet.

    Es kann nicht sein, dass einer der Hauptverantwortlichen des TR sich in der Öffentlichkeit derart unprofessionel äußern darf. Ich bin nicht bereit jedem " Hans und Franz " meine persönlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Ich möchte auch nicht das ein Bewegungsprofil von mir erstellt werden kann. Dies ist einfach nur ein Skandal, es geht niemand etwas an, ob, wo und wann ich wohin gefahren bin. Taxifahren ist ein kleiner Luxus und dafür erwarte ich auch eine entsprechende Gegenleistung und dazu gehört auch ein Mindestmaß an Diskretion. Ich unterhalte mich regelmäßig mit dem Fahrpersonal und habe mir auch schon von einem netten Fahrer die Problematik im Taxi erklären lassen.. Auf dem in der Taxe vorhandenem Display hat er mir freundlicherweise die Möglichkeiten des Datenmissbrauchs näher erläutert. Es ist schon eine Frechheit, wie ein gewisser Herr Verbeek versucht, diese ganzen Missbrauchsmöglichkeiten klein zu reden. Hätte ich ein Taxenunternehmen wäre ich empört, wenn ich hören würde, das ein Kunde " den Hörer auflegen soll ", wenn ihm die gängige Praxis der Datenverarbeitung nicht passt. Das ist nicht nur grob geschäftsschädigend, sondern auch dümmliche Arroganz. Ich hoffe, daß bald der ganze Eisberg sichtbar wird und der TR Bremen nicht glaubt, wie der Kapitän der Titanic, daß sein Schiff nicht sinken kann.

  • G
    Genervt

    Bei ambulanten Pflegediensten ist es mittlerweile Usus, das sich die Angestellten per Handy-App bei Betreten der Wohnung anmelden und beim Verlassen dementsprechend ausloggen müssen. Zum nächsten "Kunden" hat man fünf Minuten Zeit. Währenddessen wird mittels Ortung überwacht, wo der/die ArbeiterIn sich befindet, natürlich unter dem Vorwand, die Fahrtrouten optimieren zu können.

    Angesichts des Pflegekräftemangels frage ich mich, wieso nicht die "Marktmacht" genutzt wird, um solche Schweinereien zu unterbinden.

    Egal ob Taxifahrer, Pflegekräfte oder sonstwer: statt Resignation und/oder Verlassen auf DGB-Gewerkschaften ist es höchste Zeit, sich zu organisieren und keine Angst mehr zu haben.