Kommentar zum Flüchtlingscamp: Dieser Deal des Senats ist unwürdig
Man darf ein Grundrecht nicht davon abhängig machen, dass man auf ein anderes verzichtet.
Z urecht beharrt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg weiterhin darauf, dass die Flüchtlingszelte am Oranienplatz nicht mit Polizeigewalt geräumt werden sollen. Zwar kann sich CDU-Innensenator Frank Henkel auf den Deal mit den Flüchtlingen berufen: Der Senat hatte stets gesagt, dass die Flüchtlinge nur dann ein Haus für die Wintermonate bekommen, wenn sie ihre Schlafzelte am Oranienplatz abbauen. Aber der Deal ist nichtig: Er verletzt die Menschenwürde der Betroffenen.
Jeder hat ein Recht darauf, im Winter nicht erfrieren zu müssen. Wirklich jeder. Genauso hat jeder das Recht, zu demonstrieren und seine Meinung kundzutun. Egal zu welchen Uhrzeiten und zu welchen Temperaturen. Und natürlich hat jeder das Recht, sich jederzeit wieder umzuentscheiden. Weil eben jeder Mensch zu jeder Zeit alle Grundrechte hat. Es wäre doch absurd, das eine davon abhängig zu machen, dass man auf ein anderes verzichtet.
Nur eine Antwort möglich
Man stelle sich nur vor, so etwas würde Schule machen: Wer sein Recht auf Reisefreiheit in Anspruch nehmen will, muss auf sein Recht zur freien Berufswahl verzichten. Wer über seine Religion selbst entscheiden will, verliert sein Wahlrecht zum Bundestag. Wer einen fairen Strafprozess vor einem unabhängigen Richter will, bekommt keine Arztkosten mehr von der Krankenksasse erstattet. Klingt seltsam? Ist aber genau das, was der Senat glaubt, mit Flüchtlingen könne man es machen. Darauf kann es nur eine Antwort geben: Widerstand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut