piwik no script img

Kommentar zu FreiwilligendienstenScheiternlassen ist keine Lösung

Sebastian Erb
Kommentar von Sebastian Erb

Die Konkurrenz zwischen dem BFD und dem FSJ schadet den Freiwilligendiensten. Ein gemeinsamer Dienst wäre eine Lösung. Aber: Wer hat dann das Sagen?

Der Autor

SEBASTIAN ERB ist Redakteur im Inlandsressort der taz.

A ls sich abzeichnete, dass der Zivildienst Geschichte wird, war die Verunsicherung groß. Wer ersetzt die billigen Arbeitskräfte in Pflegeheimen und Kindertagesstätten? Wie sollen sich junge Leute in Zukunft freiwillig engagieren?

Das Familienministerium zauberte den Bundesfreiwilligendienst (BFD) hervor, der bisherige Angebote wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) ergänzen sollte. Zwischen Ministerium und Wohlfahrtsverbänden begann ein Kampf um Freiwillige und der Hickhack wird auch nach der jüngsten Einigung weitergehen.

Erst befürchteten die Verbände, dass der BFD dem FSJ Stellen wegnimmt. Jetzt wird beklagt, dass der BFD zu wenige Bewerber hat. Das liegt vor allem am Ministerium, das wichtige Details zu spät klärte. Mitschuld tragen auch die Träger, die den neuen Dienst eigentlich nicht wollten und so auch nicht besonders anpriesen.

Eines ist mit Sicherheit keine Lösung: den BFD einfach scheitern zu lassen. Denn dann verschwinden die eingeplanten Millionen schnell im allgemeinen Haushalt. Es ist richtig, dass nun für die Teilnehmer die Konditionen dieselben sein sollen. Solange aber das Ministerium und Trägerverbände um Einfluss kämpfen, wird freiwilliges Engagement eher gebremst.

Die Lösung könnte ein neuer gemeinsamer Dienst sein, den auch keiner der Beteiligten grundsätzlich ablehnt. Frage ist nur: Wer bestimmt? Dass der Dienst komplett unter die Fuchtel des Ministeriums fällt, ist den Trägern absolut nicht zu vermitteln. Die Zivilgesellschaft sollte auch nicht mehr als nötig von der Regierung kontrolliert werden.

Deshalb sollte sich der Dienst eher am FSJ orientieren. Da hilft es nichts, dass der Bund finanzverfassungsrechtliche Hindernisse vorschiebt. Es ist eine politische Frage, ob er einen zivilgesellschaftlich organisierten Freiwilligendienst fördern will.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Sebastian Erb
Reporter
Von 2011 bis April 2023 bei der taz. Zuletzt Reporter im Ressort Reportage & Recherche mit Schwerpunkt auf investigativen Recherchen. Er hat Sozialwissenschaften studiert und die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Themen u.a. Rechtsextremismus in Bundeswehr und Polizei (#Hannibal), Geheimdienste und Missstände in NGOs. Er gibt Seminare zur (Online-)Recherche. Sicher zu erreichen per Threema: 7D8P2XSV
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!