Kommentar: verschobene Flüchtlinge : Lasten verteilen, nicht Menschen
Jede Stadt freut sich, wenn sie sie nicht hat: Flüchtlinge. Besonders „belastete“ Städte wie Köln sollen mit dem neuen Zuwanderungsgesetz endlich ihre nur geduldeten Menschen in alle möglichen Himmelsrichtungen verschicken können und sich ein paar tausend Euro Sozialhilfe sparen. Dabei ist das nicht nur aufwändig, sondern auch unmenschlich: Anstatt Menschen umzusiedeln, sollten lieber die finanziellen Lasten neu verteilt werden.
Jetzt einfach die Flüchtlinge woanders hinzuschicken, ist absurd. Das wäre genauso, als würden die Gelsenkirchener Arbeitslosen ins Münsterland geschickt, nur weil es dort weniger von ihnen gibt. Das Land muss die Kosten gerecht verteilen – aber genau darum hat sich das Zuwanderungsgesetz gedrückt: Bund und Länder geben den Städten keine Zuwendungen für die geduldeten Flüchtlinge, die gebeutelten Stadtsäckel müssen für Unterbringung und Sozialhilfe aufkommen.
Zu spüren bekommen das jetzt die Flüchtlinge selbst: Sie leben seit Jahren in ihrer Stadt, innerhalb ihrer Gemeinschaft, mit FreundInnen und NachbarInnen. Der Duldungsstatus verbietet es ihnen, Arbeit zu suchen, der geringere Sozialhilfesatz nach dem Asylbewerberleistungsgesetz lässt keine Sprünge zu und auch die Residenzpflicht lässt die Flüchtlinge an ihrem Wohnort verharren. Entsprechend eng und wichtig sind die Kontakte zur näheren Umgebung. Von einem Tag auf den Anderen nun wieder fliehen zu müssen, ist für diese Menschen eine traurige Zumutung.
ANNIKA JOERES