Kommentar schwarz-gelber Dauerzoff: Exit-Strategien

An einem Koalitionsbruch haben weder Union noch FDP ein Interesse. Dabei müssen die Liberalen Neuwahlen eher fürchten als Kanzlerin Merkel.

Jetzt auch noch Opel. Hilflos wehrte sich die FDP gegen staatliche Hilfen für die Autobauer, doch die Kanzlerin setzte sich einfach über den eigenen Wirtschaftsminister hinweg und paktierte dafür mit den Ländern, angeführt von einem SPD-Ministerpräsidenten. Das alles vor dem Hintergrund einer Debatte über Steuererhöhungen, denen die CDU ziemlich unverblümt das Wort redet - für die Zeit nach dem 30. Juni, wenn sie ihren Präsidentschaftskandidaten mit Hilfe der FDP durchgebracht hat.

Es stimmt, an einem Koalitionsbruch haben beide Parteien kein Interesse, am allerwenigsten die FDP. Die Zahl ihrer Abgeordneten im Bundestag würde sich bei Neuwahlen mindestens halbieren, ein neuer Regierungspartner ist nicht so schnell in Sicht. Die Druckmittel der Partei sind begrenzt. Die Präsidentenwahl ist am 1. Juli vorbei, eine Ampelkoalition in Nordrhein-Westfalen ist für die CDU zwar unschön, aber vorerst ohne Konsequenzen für Berlin. Anders als bei den gescheiterten Steuersenkungen hat die FDP bei Steuererhöhungen immerhin den Vorteil einer Vetomacht. Sie kann keine Entscheidung herbeiführen, aber sie kann eine Entscheidung verhindern.

Das Problem ist nur, dass sich die Union darauf nicht wirklich einlassen kann. Mit einem Sparpaket, wie sie es der FDP jetzt abgerungen hat, kann sie weder den Haushalt sanieren noch die Zustimmung der Öffentlichkeit erlangen. Anders als der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, der sich etwa in der Gesundheitsdebatte mit taktischer Wendigkeit die Untiefen der Wirklichkeit zunutze macht, hat sein FDP-Kollege Guido Westerwelle in den entscheidenden Kernfragen seines Programms die Wirklichkeit gegen sich. Eine Strategie, wie er damit umgeht, hat er offenkundig nicht.

Man fragt sich mittlerweile, ob Westerwelle wirklich ein Politiker im engeren Wortsinn ist. Und ob es nicht Merkel ist, die Neuwahlen inzwischen weniger fürchten müsste: Auf Bundesebene ist die Zeit noch nicht reif für eine Ampel, und um das Verhältnis zwischen SPD und Linkspartei steht es derzeit nicht zum Besten.

Es wäre eine Strategie mit hohem Risiko, nicht nach Merkels Geschmack. Aber zumindest eine Drohkulisse für den Fall, dass die FDP nicht beidreht und ihren Kurs, notfalls mit einem neuen Vorsitzenden, realitätstauglich macht. Eine Exit-Strategie, wie es im Zuge der Schuldenkrise jetzt gern heißt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.