Kommentar Zollitsch: Alles auf den Tisch
In der medialen Beschäftigung mit dem Skandal in der katholischen Kirche wird ein Moment der Ermüdung immer stärker. Der Missbrauchsskandal muss die Kirche aber weiter beschäftigen.
M edial ist der Fall Zollitsch noch nicht ganz ausgestanden. Folgendes zeichnet sich aber ab: Nach den Maßstäben des weltlichen und kirchlichen Rechts ist dem Freiburger Erzbischof und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz nichts von Bedeutung vorzuwerfen - jedenfalls kaum Beihilfe zum sexuellen Missbrauch.
Zu dünn erscheint zurzeit dafür die Aktenlage, zu viel Zeit ist wohl auch vergangen - beziehen sich die Vorwürfe doch auf das Jahr 1987 -, und zu wenig Verantwortung trug Zollitsch damals als Personalreferent eines Bistums, das für den beschuldigten Pater anscheinend gar nicht zuständig war, folgt man den Erklärungen von Bistum und Kirchenjuristen.
Dennoch war die Anzeige richtig - und auch das Nachhaken der investigativen Journalisten, die die Sache hartnäckig verfolgt haben. Gerade Zollitsch muss als Vorsitzender der Bischofskonferenz eine reine Weste haben, will er die Aufklärung des Missbrauchsskandals vorantreiben. Insofern dienen die juristischen Vorwürfe der Aufklärung des Geschehens. Denn nur wo alles auf dem Tisch gelandet und so weit wie möglich geklärt worden ist, ist ein Neuanfang der Kirche möglich. Zollitsch ist sicherlich intelligent genug, das einzusehen.
42, ist Reporter der taz und beschäftigt sich viel mit religiösen Themen. Er hat Geschichte, Journalistik, Theologie und Politologie studiert.
Zugleich ist unverkennbar: In der medialen Beschäftigung mit dem Skandal in der katholischen Kirche wird ein Moment der Ermüdung immer stärker, was nach bald einem halben Jahr intensiver Berichterstattung zum Thema kaum verwundert. Der Skandal ist jedoch nicht beendet. Er muss die Kirche weiter beschäftigen, wenigstens diese Selbstreflexion ist sie den Opfern schuldig. Ihr Leid wird sie in vielen Fällen ihr Leben lang begleiten. Auch dann, wenn über den Kirchenskandal niemand mehr redet.
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