Kommentar Weissrussland: Zeit, die Ausreise zu erleichtern
Die weissrussischen Attacken auf westliche Diplomaten zeigen vor allem eines: Die europäischen Versuche eines Dialogs mit Lukaschenko laufen ins Leere.
D er weissrussische Staatspräsident Alexander Lukaschenko ist fest entschlossen, sich erneut mit der EU anzulegen. Diesmal hat es den Botschafter Schwedens in Minsk erwischt; ihm wurde die Akkreditierung nicht verlängert. Das ist nichts anderes als eine vornehme Umschreibung für einen Rauswurf allererster Güte.
Dabei könnten die Vorwürfe an die Adresse des Diplomaten, der sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzte und überdies der Landessprache mächtig ist, absurder nicht sein: Er habe in der Botschaft Oppositionelle ausgebildet und dadurch die bilateralen Beziehungen zerstört.
Derlei Kritik ist nicht neu. Ende der 90er Jahre war dem damaligen Vertreter der OSZE in Minsk, Hans-Georg Wieck, vorgeworfen worden, Oppositionelle zu organisieren, die sich angeblich auf einen bewaffneten Aufstand vorbereiteten.
ist Co-Leiterin des Auslandsressorts der taz und zuständig für die Osteuropa-Berichterstattung.
Auch dass sich der Autokrat immer mal wieder gern an westlichen Diplomaten abarbeitet, hat in Weißrussland Methode – zuletzt waren im vergangenen Februar als Reaktion auf verschärfte Sanktionen die Botschafter Polens und der EU kurzerhand des Landes verwiesen worden. Damals zogen die EU-Staaten an einem Strang und ihre diplomatischen Vertreter ab. Das war die richtige Reaktion, und so sollte es auch jetzt wieder sein.
Doch dabei darf die EU nicht stehen bleiben. Ihr müsste allmählich dämmern, dass ihr viel gepriesener „Modernisierungsdialog“ unter der Führung in Minsk ins Leere läuft. Lukaschenko führt den Westen vor – ganz nach Belieben. Daher müssen jetzt die bestehenden Wirtschaftssanktionen ausgeweitet sowie die Visabestimmungen für die Weißrussen endlich liberalisiert werden. Doch zu beidem kann sich die EU bislang nicht durchringen. Das ist fatal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!