Kommentar Waldorfschule: Wenn schon, denn schon
Auch das gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 12 sollte ausprobiert werden
S chon geschickt von der Hamburger Schulbehörde: Statt die Gründung von Privatschulen zu verbieten, werden die Initiatoren eingeladen, es gemeinsam zu versuchen. Eine Waldorfschule unter staatlichen Dach hat es noch nicht gegeben. In einigen Monaten wird man sehen, wie viel Waldorf da drin ist.
Es gibt eine Grenzlinie: pädagogische Praxis übernehmen, ja; aber esoterische Inhalte haben an einer staatlichen Schule nichts zu suchen. Die Feinarbeit im Konzept muss erweisen, ob es hier echte Hindernisse gibt.
In Wahrheit haben Staatsschulen schon längst viele gute Ideen von Waldorf abgeguckt: Englisch lernen ab Klasse 1 zum Beispiel, die Rhythmisierung des Unterrichts, die Einführung von Praktika und dass jedes Kind ein Instrument lernt – all dies gab es zuerst bei Steiners.
Nur das gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 12 ist ein Ladenhüter. Dabei ist es in Zeiten, in denen die meisten Haupt- und Realschulabgänger keine Lehrstelle bekommen und deswegen in Übergangsmaßnahmen verweilen, sinnvoller denn je. Der durchschnittliche Lehrling fängt erst mit über 20 an. Staatliche Schulen schicken jene, die am wenigsten gelernt haben, am frühesten in die Selbstständigkeit. Das ist absurd.
Waldorf hat jedem Kind ein zwölfjähriges Curriculum zu bieten, vom Landbaupraktikum bis zur Faust-Aufführung ist da Spannendes drin. Wenn schon so ein Schulversuch, warum nicht auch das ausprobieren?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?