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Kommentar Wahlkampf in HessenLohn der Angst

Kommentar von Christian Semler

Seit Roland Kochs Kampagne zur Jugendkriminalität konkurrieren in Hessens Wahlkampf zwei Sicherheitskonzepte. Schließlich kämpft die SPD für eine matierelle Basissicherung. Die orientiert sich aber wenigstens an realen Ängsten.

E rst sah es ganz so aus, als habe Roland Koch mit seiner Medienoffensive gegen "jugendliche ausländische Straftäter" den Wahlkampf in Hessen doch noch zu seinen Gunsten gedreht. Die Videoaufnahmen von dem brutalen Angriff auf einen wehrlosen Rentner in München versprachen eine reiche Ernte politisch nutzbarer Angstproduktion. Und dann noch die Beleidigungen, die die Jugendlichen gegen die Deutschen, ihre "Gastgeber" ausgestoßen hätten. Da mussten schärfere Sanktionen her!

Im hessischen Wahlkampf standen sich damit zwei diametral entgegengesetzte Konzepte von Sicherheit gegenüber: Einerseits Sicherheit kraft materieller Basissicherung, wie sie die SPD mit der Forderung des Mindestlohns verficht. Dieses Konzept antwortet auf konkrete Ängste der Lebenssicherung, der Bewältigung des Alltags angesichts von Stundenlöhnen unter 5 Euro. Andererseits die Sicherheitsoffensive Kochs. Sie schürt eine abstrakte Bedrohungsangst, die nicht greifbar, aber allgegenwärtig von den Verängstigten Besitz ergreift. Sie kulminiert in der Vorstellung, hilflos dem Angriff des Bösen ausgesetzt zu sein. Der Mindestlohn hat mit realen Verhältnissen und realen Opfern zu tun, die Kochsche Angstproduktion wendet sich an alle potenziellen Opfer und verspricht, die potenziellen Angreifer unschädlich zu machen.

So clever die Kochsche Strategie eingefädelt ist, ihr Erfolg bei den Wahlen scheint ungewiss. Der Justizapparat, die Polizei, die Gefängnisverwaltungen, die kriminologischen Experten - alle verurteilen die CDU-Kampagne als neben der Sache liegend, als schädlich, ja als unverantwortlich. Zu den jugendlichen Straftätern wird dargelegt, es handele sich nicht um ein Problem von In- oder Ausländern, sondern um eines der Zugehörigkeit zu den ärmsten Schichten. Hier, bei der Ausbildung und der Prävention, hätte die Ursachenbekämpfung bei der Jugendkriminalität anzusetzen. Diese Sicht scheint sich zum Glück bei der SPD durchzusetzen. In diesem Bereich die Bedürfnisse der Unterschichten aufzugreifen, würde sich zudem der zentralen Forderung nach dem von der Mehrheit unterstützten Mindestlohn problemlos einfügen.

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2 Kommentare

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  • BW
    Berno Wies

    Dieser "Herr" Koch - ein in seiner persönlichen Entwicklung zum Erwachsenen offenbar trotz aller politischen Erfahrungen auf rudimentärer Ebene steckengebliebener Wiederholungstäter - wird durch die von ihm selbst geforderten Züchtigungslager wohl kaum zur Raison,d.h. Reifungsprozeß gebracht werden können. Insofern sind diese abzulehnen. Statt dessen sollten ihm nach seiner Abdankung wirksame sozialtherapeutische Hilfsangebote gemacht werden.

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    "Unterschicht" und Bildungswesen

     

    Solange wir ein postfeudales Drei-Klassen-Schulwesen mit staatlichen Berechtigungen für die späteren beruflichen Laufbahnen haben, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn für die Absolventen der "Hauptschule" kaum berufliche Perspektiven gegeben sind.

     

    Wie sagte doch schon Friedrich von Schiller?

     

    Wo rohe Kräfte sinnlos walten, da kann sich kein Gebild gestalten.

     

    Leider sind auch Schillers Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen heute praktisch in der Lehrerschaft unbekannt.

     

    Die Folgen dieses Mangels an ästhetischer Erziehung zeitigen sich heute. Gepaart mit trüben Aussichten auf eine sinnvolle Erwerbsarbeit werden diese überschüssigen Zukunftskräfte destruktiv. Doch welche Wege aus einer kranken Gesellschaft (Erich Fromm) könnte es geben?

     

    Zukunftsweisend wäre eine konsequente Subjektförderung eines jeden Schulkindes in Form staatlich finanzierter Bildungsgutscheine und innovativer frei-öffentlicher Schulen.

     

    Überdies müsste das Kindergeld zu einem bedingungslosen Grundeinkommen für Kinder und Jugendliche ausgebaut werden.

     

    Das würde ein angstfreies Lernen ermöglichen und die Zuversicht, ein wichtiges Mitglied für die Zukunft unserer Gesellschaft zu sein, stärken.

     

    Ludwig Paul Häußner, Dipl.Päd.

    Universität Karlsruhe (TH) - IEP