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Kommentar Waffen-ExportKonsequente Aufrüstung

Kommentar von Eric Chauvistré

Ausgemusterten Pistolen, die die Bundesregierung nach Afghanistan schickte, werden dort nun frei gehandelt. Erschreckend ist nicht die Lieferung, sondern die Naivität, die sie begleitet.

Nein, ein Skandal ist das nicht. Es ist nichts Unerhörtes, nichts Unerwartetes passiert. Es bedurfte keiner intimen Kenntnisse Afghanistans, um vorherzusagen, dass zumindest einige der 10.000 ausgemusterten Pistolen, die die Bundesregierung in das Kriegsgebiet Afghanistan schickte, irgendwann frei gehandelt werden würden - und damit möglicherweise in die Hände Aufständischer gelangen.

Skandalös wäre es, hätte ein Waffenschieber die Pistolen an deutschen Exportkontrollen vorbei nach Afghanistan gebracht und die Bundesregierung dies nicht verhindert. Das ist aber nicht passiert. Die Lieferung war ein bewusster politischer Akt. Und der Export war, betrachtet man die deutsche Afghanistan-Strategie, konsequent: Die Bundesregierung klammert sich bei ihren Plänen für das Land an den Aufbau einer afghanischen Armee und einer - paramilitärisch agierenden - afghanischen Polizei. Wenn das geschafft ist, so der Plan, kann die Bundeswehr abziehen. Eine andere Exit-Strategie liegt nicht vor.

Die Lieferung von Waffen, auch aus Deutschland, ist daher konsequent. Erschreckend ist deshalb nicht so sehr die Lieferung, sondern die offensichtliche Naivität, die durch diesen Waffenexport in ein Kriegsgebiet wieder deutlich wird. Wer meint, in Afghanistan könne man den sachgemäßen Umgang von tausenden Pistolen durch Endverbleibsbescheinigungen garantieren, der hat offenbar jeglichen Realitätssinn verloren.

Einen Skandal gibt es daher doch. Er liegt in der Konzeptionslosigkeit und Verlogenheit, die dem gesamten Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan zugrunde liegt. So wie man über Jahre bemüht war, die Konsequenzen einer Kriegsbeteiligung herunterzureden, so wird die Bundesregierung von nun an damit beschäftigt sein, die Folgen der eigenen Exit-Strategie schönzureden oder zu verschweigen. Und die heißt: Aufrüstung eines seit Jahrzehnten Krieg führenden Landes.

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3 Kommentare

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  • B
    beli.hk

    @Von ochsausbayern

    ja...ich hatte den text vorgeschrieben und wollte das eigentlich noch ändern...

    aber sie haben natürlich recht.

  • O
    ochsausbayern

    @beli.hk:

    "Wir exportieren Rohstoffe" (zitat beli.hk)

    Deutsche Exportgüter:

    Erdöl, Erdgas, Coltan, Diamanten, Gold, Bauxit...

     

    ????????????????????????

  • B
    beli.hk

    Deutschland ist Exportweltmeister. Wir exportieren Rohstoffe in andere Ländern oder Autos. Demnach ist es möglich , dass Menschen anderer Nationalität den Facettenreichtum an Gütern, den wir produzieren, ausschöpfen. Toll, oder? Wir tragen also dazu bei, dass sich der Lebensstandard des Einzelnen verbessert und Luxus auch über Europas Grenzen hinaus möglich wird.

    Schockiert es dabei überhaupt noch irgendjemanden, dass durch unseren Export Kriege gefördert werden? Waffen, die von unsere Hand, durch unseren Auftrag produziert werden, töten jeden Tag Menschen.

    Diese Kriege finden nicht auf unserem Territorium statt, sodass wir vom Leid und vom Tod nicht betroffen sind. Brutale Gewalt, die an Menschen, an Müttern, an Vätern und Kindern, verübt wird, die das Leben tausender Menschen fordert, Menschen wie du und ich, Menschen, die Pläne gehabt hätten für ihre Zukunft, ist für uns nicht gegenwärtig.

    Hören wir von solchen blutigen Taten in den Medien, sitzen wir zu Hause und schütteln darüber im Unglauben den Kopf. Vielleicht spenden wir auch Geld, Geld, was nicht annähernd die Opfer entschädigen kann, die ihr Leben verloren haben. Nichtsdestotrotz ist das Spenden eine gute Geste und nicht zu entwerten. Es kann tatsächlich helfen, doch es ist, anders als die Todesopfer in Kriegen, von materiellem Wert.

    Wir verurteilen doch Krieg und diejenigen, die ihn unterstützen ebenso. Paradox, dass WIR ihn SELBST unterstützen. Unser Bestreben nach finanziellem Reichtum ist so rücksichtslos und kaltblütig, dass wir den Export todbringender Waffen ohne Weiteres akzeptieren. Natürlich, unsere Angela Merkel und die anderen Politiker halten dieses Thema fern von der Bevölkerung.

    Doch man fragt sich doch, wie ist das vereinbar, mit den Grundsätzen der christlichen Demokratie??

    Wie kann man das vor Gott, vor dem christlichen Glauben rechtfertigen??

    Jetzt liegt es an uns, an unserer Gesellschaft, ob wir weiterhin jegliches Handeln unserer Regierung hinnehmen möchten. Die Politiker treffen in unserem Namen Entscheidungen, die wir nicht vertreten können, der wir jedoch nur schweigsame Akzeptanz entgegensetzen.

    Jetzt ist es Zeit für Einsatz, damit die Kriege ein Ende haben und unsere Waffen niemanden mehr töten, denn wir können etwas verändern.