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Kommentar Vogel des Jahres 2010Erst mal verifizierbare Daten sammeln

Kommentar von Michael Quasthoff

Das Gezeter der Fischereilobby auf basiert realen Verlusten, die von den Naturschützern nicht einfach vom Tisch zu wischen sind.

W enn ihm irgendwer am Futternapf in die Quere kam, kannte der Mensch Jahrtausende lang kein Pardon. Auf diese Weise schaffte er es, Wolf, Bär, Luchs, diverse Völkerschaften und eben auch den Kormoran fast auszurotten. Dass diese Steinzeitmentalität heute noch durchschlägt, mag genetisch bedingt sein, zu tolerieren ist sie seit Kants Kategorischem Imperativ und den Erkenntnissen über das Ökosystem nicht.

Andererseits basiert das Gezeter der Fischereilobby auf realen Verlusten, die im Einzelfall schmerzlich und von den Naturschützern auch nicht einfach vom Tisch zu wischen sind. Genauso real sind jedoch die hausgemachten Probleme: Verschmutze Gewässer, Überfischung, das Zurückdrängen natürlicher Lebensräume, weshalb sich das Raubtier in Zuchtteichen, Hühnerställen oder Gemüsegärten bedient. Das massenhafte Abschießen oder das "Vergrämen" der Kormorane sind keine Lösung. Und auch rechtlich bedenklich, weil ein klarer Verstoß gegen Tier- und Naturschutzgesetze.

Naturschützer und Fischereiwirtschaft sollten die Polemik einstellen und auf die EU-Parlamentarier hören, denen mal was Kluges eingefallen ist. Statt den "Problemvogel" gleich aufs Schild zu heben oder auf ihn einzudreschen, beschlossen sie verifizierbare Daten über sein Wirken zu sammeln. Daran hapert es nämlich bei beiden Seiten.

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1 Kommentar

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  • L
    lounger

    An verifizierbaren Daten mangelt es leider nicht. Leider ist aber die Auffassung, dass Arten- und Naturschutz an der Gewässeroberfläche aufhört sehr verbreitet. Und dass da nicht nur eine "Fischereilobby" am Werke & palvern ist, sonder auch ökologisch gesinnte Angelfischer, deren naturschützersiche Arbeit in Frage gestellt wird nervt. Diese bezieht sich eben auf die auch auf die erwähnten Aspekte "Verschmutze Gewässer, Überfischung, das Zurückdrängen natürlicher Lebensräume" sowie die Erhaltung von Arten.

    Und zwar nicht nur von anglerisch interessanten Fischen, sondern auch Kleinfischen, Muscheln, Insekten & Pflanzen, die in einem komplexen Wechselverhältnis leben.

    Wer die Auswirkungen die Lebensweise des Kormorans kennt, nimmt auch zur Kenntnis, dass es erhebliche Probleme unter der Wasserfläche geben kann. Kormorane leben oft die meisste Zeit des Jahres einigermaßen ökologisch verträglich (für Berufsfischer und Fischzüchter siehr dieser Punkt aber leider tatsächlich anders aus). Wenn die Gewässer mit großen Kormorankollonien, die eine solche Population halten können zugefroren sind,

    wandern diese Kolonien aus und fischen komplette Kleingewässer leer.

    Das sind dann leider die bestehenden unverbauten oder renaturierten Gewässer, die zahlreiche gefährdete Arten Lebensraum bieten. Anders als Reiher o.ä. Vögel jagen Kormorane in sehr großen Gruppen und sind in der Lage kleinere Gewässer komplett leerzufressen und stellen damit eine massive Gefahr für eine Reihe von Biotopen dar.

    Die Rechnung, dass der plakative Schutz einer Art auf Kosten der Vielfalt und anderer Arten erfolgt hat leider den Bund für Vogelschutz nicht erreicht.

    Dass solche Aktionen die eher einträgliche Arbeit von Vogelschützern und Anglern bei Renaturierungsprojekten oder anderen Naturschutzmaßnahmen empfindlich stören, ist dabei ein dämlicher Nebeneffekt von Verbandsidioten.