Kommentar US-Autoindustrie: Detroit nicht kaputtgehen lassen
Wenn der Staat nicht eingreift, sind GM und Chrysler am Ende. Angesichts des wirtschaftlichen Totalschadens können die Politiker Rettungsmaßnahmen nicht verweigern.
D er US-Autoindustrie geht es noch schlechter als gedacht. Wenn nichts passiert, sind sowohl General Motors als auch Chrysler bis zum Jahresende pleite. Ford könnte es noch schaffen, aber nur, wenn die beiden anderen, und damit die Zulieferindustrie, überleben. Das ist die durchaus erpresserische Botschaft, mit der die drei Autobauer nun nach Washington reisen und vor den Kongress treten werden.
Adrienne Woltersdorf ist USA-Korrespondentin der taz.
Der hatte sie vor zwei Wochen zu Recht abblitzen lassen. Denn außer Geldforderungen hatten die drei Manager wenig anzubieten, schon gar nicht ein tragfähiges Verbesserungskonzept für die Zukunft. Nun will zumindest General Motors einen Sanierungsplan vorlegen, der die Parlamentarier zwingen soll, endlich die geforderte Milliarden-Rettungsspritze auszupacken. In Detroit gehen die Autobauer inzwischen clever davon aus, dass sie zu groß und zu wichtig sind, um sich selbst und dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen zu werden.
Sie könnten recht haben. Denn die Parlamentarier beider US-Parteien werden sich angesichts des wirtschaftlichen Totalschadens, der durch einen Untergang der US-Autoindustrie zu erwarten wäre, nicht vorwerfen lassen wollen, die lebenserhaltenden Maßnahmen verweigert zu haben.
Der Kongress versucht nun seinerseits, die auf den Knien anrutschenden Autobauer zu so vielen Selbstamputationen und Rosskuren zu verpflichten wie nur möglich. Die Frage ist nur, ob der Kongress die richtigen Forderungen stellt. Schließlich muss er den US-Steuerzahlenden die Rettung einer Industrie abverlangen, deren Einsicht in die Notwendigkeit effizienterer Autos unfasslich lange auf sich warten ließ.
Keiner kann sagen, ob die wohl unvermeidliche Rettungsspritze ausreichen wird. Und erst recht nicht, ob nicht bald andere US-Branchen, ebenfalls am seidenen Faden hängend, den Kongress um Hilfe anflehen werden. Doch angesichts der gewaltigen Krise in den USA ist jede psychologisch aufmunternde Aktion, jeder Tag ohne neue Katastrophen ein Gewinn. Dass daraus zukunftsweisende Konzepte erwachsen, daran glauben nur die Optimisten.
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