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Kommentar UN-BerichtZukunftsfrage Zuwanderung

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der neue UN-Bericht zur menschlichen Entwicklung rückt das Thema Migration in den Mittelpunkt. Der Bericht ist für Schwarz-Gelb eine Herausforderung.

Z uwanderung gehört nicht zu den Themen, die die Bundestagswahl entschieden haben. Aber sie könnte über die Zukunft der Bundesrepublik entscheiden. Darauf macht der neue UN-Bericht zur menschlichen Entwicklung aufmerksam, der dieses Jahr das Thema Migration in den Mittelpunkt rückt und nicht weniger als einen "New Deal" für Migranten auf der Welt fordert. Denn schon jetzt trägt Migration mit jährlich Hunderten von Milliarden Dollar zur Weltwirtschaft bei, und ihr Ausmaß und ihre Bedeutung werden in den kommenden Jahrzehnten zunehmen.

Es geht um einen Bewusstseinswandel. Mobilität ist keine Ausnahmeerscheinung auf der Welt, sondern ein selbstverständlicher Bestandteil der persönlichen und gesellschaftlichen Entwicklung. Aber nationalstaatliche Politik kann damit bis heute nicht umgehen.

Staatsbürger überall auf der Welt haben es immer noch am einfachsten, wenn sie sich nicht bewegen. Wohnort und Arbeitsstelle zu wechseln, ohne dabei Rechte einzubüßen, erfordert meist hohen bürokratischen Aufwand. In ein anderes Land zu ziehen oder gar die Staatsbürgerschaft zu wechseln ist heute für die Mehrheit der Menschen schwieriger als je zuvor, obwohl die Kommunikation zwischen den Kontinenten noch nie so einfach war. Ein internationaler Maßstab für effektive Wirtschaftspolitik heute ist die Zahl der Schritte und Tage, die zur Gründung eines neuen Unternehmens erforderlich sind - aber nicht, wie schwierig es ist, sich als Mensch in der Fremde eine legale Existenz aufzubauen.

Bild: taz

Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im taz-Auslandsressort.

Für Deutschlands neue schwarz-gelbe Regierung ist der UN-Aufruf eine Herausforderung. Deutschland gehört zu den Ländern mit schrumpfender Bevölkerung, für die ungebremster Zuzug aus dem Ausland überlebensnotwendig ist. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit: Deutschland verdient viel Geld an der Migration, denn Deutsche in der Fremde steuern per Rücküberweisung mehr zum deutschen Wohlstand bei als Migranten in Deutschland zu dem ihrer Heimatländer, nicht zuletzt weil es viel schwerer ist, sich als Ausländer in Deutschland niederzulassen als umgekehrt.

Wie wird die neue Regierung das wahlprogrammatische Bekenntnis der FDP, Deutschland sei ein Einwanderungsland, mit dem traditionellen Misstrauen von CDU/CSU gegen "Überfremdung" vereinbaren? Nicht zuletzt daran misst sich, ob Deutschland unter Schwarz-Gelb zukunftsfähig wird.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • A
    aso

    „...Deutschland gehört zu den Ländern mit schrumpfender Bevölkerung, für die ungebremster Zuzug aus dem Ausland überlebensnotwendig ist...“:

     

    Der ungesteuerte Zuzug von Migranten führte doch gerade zu den Problemen mit Integration und überproportionalen Transferleistungen wie sie Sarrazin ausgesprochen hat.

     

    Die Tabuisierung der Problematik nützt niemandem, doch DOMINIC JOHNSON meint, es reicht noch nicht, wir können noch viel mehr Problemfälle brauchen...

     

    Das Versäumnis, den Zuzug nach Bildung und Bedarf zu regeln, wie es andere Länder auch machen, rächt sich. Es wird Zeit für ein Punktesystem, o.ä.

  • SL
    Sarah Ludwig

    Nur mal so...

     

    Lasst uns aus der Welt einen schönen Ort für alle machen.

     

    Jeder ist herzlich dazu eingeladen, keiner ist ausgeschlossen. Legen wir los.

     

    Mit den besten Grüßen und Wünschen

    an uns alle

  • T
    thomsen

    Dass "ungebremster Zuzug überlebensnotwendig" sei, ist wohl ein Gerücht. Was unsere Gesellschaft brauchte, wären gutausgebildete Menschen, die bereit sind, sich an unsere Regeln, Sitten und Gebräuche anzupassen, d.h. Deutsche - meinetwegen mit einer zusätzlichen Herkunftskultur, warum nicht? - zu werden.

     

    Davon gibt es gar nicht so viele. Die reine Anzahl von Einwanderern sagt überhaupt nichts aus, und ein vernünftiger Dialog wird erst dann möglich sein, wenn in Deutschland die Traditionalisten toleranter werden, und die Gutmenschen die Furcht der anderen vor Überfremdung ernst nehmen, anstatt sch darüber zu mokieren.

     

    Am Ende aber gilt: warum soll jemand Deutscher werden, wenn man ihm sagt, dass er sich dafür schämen muss?

     

    Oder anders ausgedrückt: wem es an Selbstbewusstsein mangelt, der kann andere schlecht überzeugen.

     

    Es wäre also schön, wenn wir unser Land so sehr liebten, dass wir es gerne mit anderen teilen wollen:

    "guckt mal, wie schön es hier ist - wollt Ihr nicht mitmachen?"

     

    Aber bis dahin ist noch ein langer Weg ...