Kommentar Tabakwerbung: Nichts schreiben ist keine Lösung
Tabakkonzerne provozieren mit Verstößen gegen den Werbekodex. Spielt, wer darüber berichtet, der Lobby in die Hand?
Alle paar Jahre gibt es eine Werbekampagne, die selbst zum Gesprächsthema wird. Es scheint vor allem Kleidung zu sein, die schwierig an den Käufer zu bringen ist, anders lässt es sich nicht erklären, dass gerade Modeunternehmen in ihrer Werbung kalkuliert religiöse, ethische oder ästhetische Gefühle verletzten und damit eine öffentliche Diskussion verursachen. Gewalt oder Sex, das wissen die Werber, schocken immer. "In vielen Fällen" biete die Provokation die "einzige Chance, wirklich durchzudringen", schrieb Jean-Remy von Matt, Mitbegründer der Werbeagentur Jung von Matt, 2003.
Werbung bleibt also Werbung und wer es wagt, darüber zu berichten, ist den Werbern auf den Leim gegangen? Das wäre zu kurz gedacht. Es gibt schließlich einen Unterschied zwischen Provokation und dem Verstoß gegen Gesetze.
Wer die Sex-and-Crime-Schiene bedient, will wohl vor allem provozieren. Zwar stehen im aktuellen Fall die abgebildeten, je nach Sichtweise mehr oder weniger jungen Menschen nicht im Mittelpunkt, sondern gehen im Schatten am Rand fast unter. Das lässt eher die Absicht der subtilen Botschaft als der absichtlichen Provokation vermuten.
Doch natürlich bleibt das eine Vermutung. Denn natürlich könnte das Ziel der Kampagne sein, mit dem Einsatz von Modellen, die möglicherweise die Altersgrenze unterschreiten, Schlagzeilen zu machen. Aber nach der Logik, dass schlechte Schlagzeilen für eine Firma besser sind als gar keine, dürfte auch nicht über Fabriken, die fiese Chemikalien in Flüsse kippen oder Dienstleister, die ihre Mitarbeiter bespitzeln, berichtet werden. Und das kann auch nicht Sinn der Sache sein.
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