Kommentar Syrien: Nun droht der Bürgerkrieg
Selbst wenn die Hauptstadt von den Auseinandersetzungen bisher verschont blieb, dürfte es um Assad einsam geworden sein. Jeden Tag wird seine Lage auswegloser.
S yriens Präsident Baschar al-Assad ist schwer zu durchschauen: In den Monaten der blutigen Auseinandersetzungen hat er immer wieder von Reformen gesprochen, die dann aber ausblieben. Und er hat sich erbost die Einmischung der Arabischen Liga verbeten - um nun der Entsendung von Beobachtern der Liga zuzustimmen.
Dem Aufruf zu Waffenruhe und Truppenrückzug aber leistet er nicht Folge. Im Gegenteil, die Kämpfe eskalieren, und die Zahl der Opfer steigt: Auch wenn es keine Möglichkeit der Verifizierung gibt, gilt als sicher, dass es längst mehr als 5.000 sind.
Die Beobachter der Liga sollen unter dem "Schutz der Regierung" stehen. Das aber könnte ihre Mission torpedieren, noch bevor sie überhaupt beginnt. Die Beobachter sollen wohl von offiziellen Vertretern des Regimes begleitet werden, und der Zugang zu sicherheitsrelevanten Einrichtungen und Anlagen soll ihnen verwehrt bleiben.
PETER PHILIPP schreibt für die taz.
Kaum vorstellbar, dass sie sich wie neutrale Beobachter zwischen den Seiten werden bewegen können. Zumal die Situation eskaliert und sich immer deutlicher zu einem Bürgerkrieg entwickelt. Zehntausend Soldaten sollen bereits desertiert sein und sich der Opposition angeschlossen haben. So unzuverlässig solche Zahlen auch sein mögen, sie verdeutlichen doch den Trend.
Und dieser verheißt Assad nichts Gutes: Sein Land ist isoliert in der arabischen Welt, Russen und Chinesen üben Kritik an seinem harten Kurs gegen die Regimekritiker, die Türkei hat sich längst abgewandt von Damaskus, Iran ist immer mehr mit eigenen Problemen beschäftigt. So auch das Nachbarland Irak, wo nach dem Abzug der US-Truppen eine neue Welle der Gewalt droht.
Selbst wenn die Hauptstadt Damaskus von den Auseinandersetzungen bisher weitgehend verschont blieb, dürfte es um Assad doch bereits recht einsam geworden sein. Und mit jedem Tag, der neue Opfer bringt, wird seine Lage auswegloser.
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