Kommentar Schwarz-Gelb: Wenn Stillstand droht
Auch bei einer schwarz-gelben Koalition wird der Neoliberalismus nicht durchmaschieren können. Vielmehr drohen Stillstand und Rückständigkeit. Und das ist nicht besser.
M it jedem Tag, mit dem die Bundestagswahl am 27. September näherrückt, warnen die Gewerkschaften davor, dass demnächst eine Koalition von CDU und FDP regiert. Schwarz-Gelb: Abbau der Arbeitnehmerrechte! Der Neoliberalismus wird wieder stärker! Es gibt jedoch einige Gründe, warum mit Schwarz-Gelb nach der Wahl nicht der Neoliberalismus durchmarschiert. Vielmehr drohen Stillstand und Rückständigkeit. Und das ist nicht besser.
Das "Linke", das "Neoliberale", die "Eigenverantwortung" und "der Staat" - das alles erscheint derzeit recht unscharf. In der Finanzkrise hat auch die CDU den Kündigungsschutz in Deutschland schätzen gelernt. Er bewahrte uns bisher vor Massenarbeitslosigkeit, die Unternehmen wichen lieber in die Kurzarbeit aus. Und was heißt schon "mehr Eigenverantwortung?"
Die FDP, zum Beispiel, fordert, das anrechnungsfreie Nebeneinkommen für Hartz-IV-Bezieher deutlich zu erhöhen und stützt so die staatliche Subventionierung von Niedriglöhnen. Und auch eine rot-grüne Regierung brachte es bekanntlich fertig, die Hartz-IV-Gesetze zu erlassen.
Der Teufel kommt also nicht mit Schwarz-Gelb. Aber ein Gefühl der Lähmung. Wenn wir als eines der wenigen westeuropäischen Länder künftig dank Schwarz-Gelb ohne einen gesetzlichen Mindestlohn bleiben, weil niemand in der Regierung mehr diese Debatte vorantreibt, dann verpassen wir den europäischen Anschluss.
Und wenn endlose Konflikte mit den Gewerkschaften drohen, weil die FDP die betriebliche Mitbestimmung aushebeln möchte, dann ist das eine Verschwendung von politischer Energie. Schwarz-Gelb bietet für die Sozialpolitik kein neues Projekt, nur alte Abwehrschlachten. Sich nichts Neues mehr vorstellen zu können, ist ein Symptom der Depression. Umso schlimmer, wenn eine frisch gewählte Regierung dies auslösen könnte.
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