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Kommentar Schulreform-KampagneJedes Mittel ist recht

Kommentar von Marco Carini

Die Zeit der Instrumentalisierung hat begonnen. Da ist es sehr wohltuend, dass die Senatskampagne sehr zurückhaltend daherkommt, selbst wenn sie die wahren Knackpunkte damit verwässert.

D ie heiße Phase im Kampf um den Volksentscheid zur Schulreform, sie hat endgültig begonnen. Parteien, Verbände, Initiativen - jeder der glaubt, etwas zum Thema beitragen zu können, wird werben, Stimmung machen, polemisieren. Und zu befürchten steht, dass jedes Mittel recht ist, um Stimmen einzuheimsen. Wenn etwa Walter Scheuerl sich zum Beispiel wie gestern dazu versteigt, im Namen der Hamburger Eltern zu sprechen, nimmt er auf schwer erträgliche Weise auch die engagierten Eltern in Geiselhaft, die seit Monaten für die Schulreform kämpfen.

Doch auch andere Szenen sind bekannt: Elternvertreter, die Transparente pro Schulreform an der Fensterseite eines Lehrerzimmers anbringen und suggerieren, das pädagogische Personal der Schule sei einhellig für die Reform, ohne es ein einziges Mal dazu befragt zu haben. Oder Reformbefürworter, die fremden Zweitklässlern auf dem Schulhof ein vergleichbares Transparent zum Fotoshooting in die Hand drücken, und diese - ohne deren Eltern zu informieren - benutzen, um tolle Bilder für ihre Kampagne zu bekommen. Hier wie da: Die Zeit der Instrumentalisierung hat begonnen.

Da ist es sehr wohltuend, dass die Senatskampagne sehr zurückhaltend daherkommt, selbst wenn sie die wahren Knackpunkte damit verwässert.

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Hamburg-Redakteur
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4 Kommentare

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  • H4
    Holger 40

    Die Not, in der auch der Teufel Fliegen frißt, muß schon sehr groß sein. Anders kann ich mir nicht erklären, daß der Senat als „Aufklärungshelfer“ ausgerechnet einen NDR-Dampfplauderer mit ins Boot holt. Dieser, nach eigenen Worten überzeugter Hamburger, lebt aber „der Kinder wegen“

    in Quickborn/SH , weil SH ja bekanntermaßen eine Hochburg der 6-jährigen Grundschulen ist.

    CvT findet im übrigen ja auch alles und jedes „toll“.

  • A
    auweia

    Angekündigt war die Kampagne des Senates als "Informativ". Informationen zu dem um was es geht suche ich jedoch vergebens.

     

    Es wimmelt von Aussagen, die mit der Abstimmung zur Schulreform nichts zu tun haben oder Allgemeinplätze sind die Jeder guten Gewissens unterschreibe kann.

     

    1. Lernstandsgespräche: gibt es auch ohne Reform

    2. kleinere Klassen: Gibt es auch ohne Reform

    3. Büchergeld: gibt es auch ohne Reform nicht

    4. Abi trotz Pubertätsproblemen: Die Stadtteilschule führt auch ohne Reform für hoffentlich vieler Kinder zum Abitur auch ohne Reform

    5. Talentförderung: davon steht nichts im Schulgesetz; außerdem ist nicht die knallharte Förderung von Eliten gemeint, die John Neumeier an seiner Schule betreibt. Talentförderung geht auch ohne Reform

    6. Chancen geben: Chancen bekommmt man auch ohne Reform. Noch mehr allerdings, wenn die Kita stärker gefördert würde

    7. Mehr Lehrer, Teamarbeit etc: Kann man auch so in der Schule umsetzen. Dafür müßten nur die Möglichkeiten durch die Schulbehörde geschaffen werden.

    8. Moderne Großstadt, moderne Schule: ist leider nur bla bla

    9. Toleranz, Soziale Kompetenz: Was hat das mit der Primarschule zu tun?

    10. Was sind "gerechtere Chancen"?

    11. Englisch ab Klasse 1: Ja gerne - dafür braucht man Top Englischlehrer mit Grundschulpädagogik aber keine Primarschule

    12. Feste Ansprechpartner zum Kennenleren von Berufen: doch hoffentlich nicht von Klasse 3 bis 4. die Kinder sollten schon 10 Jahre auf der Schule rumkriegen.

     

    usw.

     

    Die Kampagne ist hübsch gemacht aber auch nicht mehr.

  • PB
    Petra Bargstädt

    Ich habe selten einen so schlechten Kommentar gelesen wie den von Herrn Carini. Bei der Senatskampagne kommt es schließlich nicht darauf an wie zurückhaltend sie ist, oder wie putzig unsere Politiker mal waren, als ihnen ihre Machtversessenheit noch nicht anzusehen war. Die Fakten sollten zählen. Die Grünen, die das Volksbegehren wiederbelebt haben, nachdem Herr von Beust schon einmal die Entscheidung des Bürgers in Bezug auf die Privatisierung der Krankenhäuser schlichtweg ignoriert hat, ahnten wohl nicht, das ihnen dieses Instrument der Demokratie so schnell soviel Unannehmlichkeiten bereiten würde. Es kann doch wohl nicht sein, das nun Steuergelder verschleudert werden, um das Volk umzustimmen. Die Standpunkte der beiden Lager, Pro- als auch Contra- Schulreform sind doch bekannt. Es wird Zeit das endlich abgestimmt wird. Das Herr Scheuerl als Sprecher der Elterninitiative Wir-wollen-lernen, für die Eltern in seiner Initiative spricht liegt doch auf der Hand. Sonst wäre er ja nicht der Sprecher. Eltern die für die Schulreform des Senats sind vertritt er nicht. Besonders helle ist der arme Herr Carini wohl nicht.

  • BM
    Bernd Mensching

    Wenn Sie von Reformbefürwortern schreiben, die sich auf unredliche Weise Fotomotive in Schulen besorgen, dann frage ich mich wer das gewesen ist - Sie bleiben in Ihrem Artikel ungenau, obwohl Sie die Gegenseite mit Herrn Scheuerl klar identifizieren...

    Ich weiß aber, dass die Hauptinitiative für die Schulreform "Chancen für Alle" ihre Flyer mit Kindern bedruckt, die von einer Modelagentur kommen, also hier läuft alles korrekt ab.