Kommentar Schengen-Raum: Europa zweiter Klasse
Bulgarien und Rumänien sind im Schengen-Raum nicht willkommen. Deutschland und Frankreich betreiben eine Zweiklassenpolitik.
D ass die Europäische Union gegenüber Flüchtlingen aus Nordafrika mauert, das ist nichts Neues. Aber nun bauen die Mitgliedsländer auch innerhalb der Union immer höhere Mauern: Die EU-Staaten Rumänien und Bulgarien sind im Schengen-Raum nicht willkommen: Das war die unmissverständliche Botschaft der EU-Innenminister bei ihrem gestrigen Treffen in Luxemburg - und das, obwohl der Beitritt eigentlich für dieses Jahr zugesagt worden war.
Die Öffnung der Grenzen passt den Ministern nicht; vor allem nicht in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrisen. Mit den Fastpleitestaaten Griechenland, Portugal und Irland haben sie schon genug zu tun. Dazu kommen noch die Flüchtlinge aus Nordafrika, über die es unlängst schon zum Streit zwischen Italien, Frankreich und Deutschland kam. Die Wähler murren. Und das müssen Rumänien und Bulgarien ausbaden.
Die EU-Minister meinen, Bulgarien und Rumänien hätten bei der Grenzsicherung und beim Kampf gegen organisierte Kriminalität und Korruption noch nicht genug Fortschritte gemacht. Sie wollen weitere illegale Zuwanderung in ihre Länder verhindern - und trauen Bulgarien und Rumänien nicht zu, ihre Außengrenzen wirksam gegen Flüchtlinge abzusichern.
RUTH REICHSTEIN ist freie Autorin der taz.
Deutsche und Franzosen forderten zuletzt sogar eine Reform des Abkommens, um die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu erleichtern. Wen wunderts, wenn man sich erinnert, wie Frankreichs Präsident Sarkozy schon einmal ganze Flugzeuge charterte, um nach Frankreich gereiste Roma zurück nach Rumänien zu bringen. Das widerspricht zwar dem Prinzip der Gleichheit, die in den EU-Verträgen festgeschrieben ist. Aber Deutschland und Frankreich betreiben lieber eine Zweiklassenpolitik.
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