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Kommentar Sarrazin darf in der SPD bleibenPersilschein für alle Rassisten

Kommentar von Sebastian Heiser

Die Sarrazin-Entscheidung der Sozialdemokraten hat fatale Folgen.

Die SPD hofft auf Ruhe. Hätte sie den umstrittenen ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin aus der Partei ausgeschlossen, hätte die Nachricht noch einmal die ganz große Runde gemacht. Und alle wären wieder einmal daran erinnert worden, was für einen Politiker die SPD in ihren Reihen geduldet hat und welche Sprüche er jahrelang absondern konnte. Sarrazin hätte sich zudem selbst als Ausgeschlossener, als Opfer darstellen können. So hingegen blieb es relativ ruhig.

Solche Argumente sollten eigentlich - wenn es nach der Satzung der SPD geht - keine Rolle spielen. Da steht, der Parteiausschluss droht, wenn jemand erheblich gegen die Grundsätze der SPD verstoßen hat und dadurch ein schwerer Schaden für die Partei entstanden ist. Doch ein Parteiausschluss ist eben in erster Linie keine juristische Entscheidung, sondern eine politische. Das heißt: Auch der mögliche Schaden in der Außenwahrnehmung spielt bei dem Urteil eine Rolle.

Die SPD musste es dennoch inhaltlich begründen, dass sie Sarrazin nicht rauswerfen will. Das war allerdings angesichts Sarrazins eindeutiger Äußerungen eine schier unlösbare Aufgabe - an der die SPD gescheitert ist: Die Begründung, warum die Äußerungen nicht rassistisch gewesen sein sollen, sind ohne Substanz und einfach lächerlich.

Das Problem ist, dass sich jetzt Rassisten jeglicher Couleur darauf berufen können: Ihre menschenfeindlichen Aussagen können sie mit dem von den Sozialdemokraten ausgestellten Persilschein schmücken. Das ist der eigentliche Schaden, der durch die Sarrazin-Entscheidung entstanden ist.

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7 Kommentare

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  • P
    Pöppel ,Herbert

    Meiner Ansicht deuten sie die ungeheuerliche Entscheidung richtig .

    Für mich , als SPD Mitglied , ergeben sich 2 Fragen :

    Wer sind die Schiedskommissionsentscheider ?

    Wurden sie von der Berliner SPD - Spitze dazu ermuntert ?

  • O
    otto

    Die SPD verlor Wählergunst, weil sie sich so weit von der Realität entfernt hatte.

    Das könnte jetzt wieder besser werden!

  • P
    Pöppel ,Herbert

    Meiner Ansicht deuten sie die ungeheuerliche Entscheidung richtig .

    Für mich , als SPD Mitglied , ergeben sich 2 Fragen :

    Wer sind die Schiedskommissionsentscheider ?

    Wurden sie von der Berliner SPD - Spitze dazu ermuntert ?

  • AE
    Alien E.

    Wäre ich noch in der SPD, würde heute noch mein Parteibuch rausgehen. Das habe ich allerdings bereits nach der Änderung des Asylrechts erledigt, so dass mir heute nur fassungsloses Kopfschütteln bleibt.

    Die SPD auf dem Weg in den neuen Mainstream?

  • B
    Bernd

    Neue Wörter werden benötigt !

     

    Nachdem der Begriff "Nazi", "Neo-Nazi", "Alt-Nazi", so langsam medial ausgelutscht sind folgt jetzt in dasselbe virtuelle Grab der Begriff "Rassist".

     

    Liebe taz, vielleicht wird es auch einfach mal Zeit sich mit den ursächlichen Problemen zu beschäftigen und nicht hinter Begrifflichkeiten zu verstecken.

     

    Die mittlerweile stumpfe "Nazi-/Rassistenkeule" funkioniert nicht mehr und das ist auch gut so !

  • C
    cyberjoker

    Wenn man mal davon absieht daß Herr Sarazin es anders hätte formulieren können gebe ich ihm trotzdem recht. Diverse Umfragen zu diesem und ähnlichen Themen zeigen auch, daß ein nicht geringer Teil der Bevölkerung die Aussage richtig findet.

    (Wenn er es nicht so provokant formuliert hätte wäre dies keine Meldung wert gewesen.)

    Natürlich versucht die gleichgeschaltete Presse dies zu verschleiern, denn jegliche Kritik ist böse! Außer an uns Deutschen selber, die ist erlaubt, wir sind nämlich an allem Schuld und das immer!

  • G
    Goldfalter

    Sobald man Realitäten benennt ist man "Rassist". Das sollte das Unwort des Jahres werden. Die Frage ist für mich, wielange es wir uns kulturell und finanziell noch leisten können, Wahrheiten zu verleugnen, nur weil es nicht ins Weltbild von bestimmten politischen Richtungen passt.

    Alles muss auf den Tisch und benannt werden, erst dann können Lösungen gefunden werden.