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Kommentar SPD-ParteitagWeiter in der Retroschleife

Kommentar von Ralph Bollmann

"Weiche" Themen diskutierten die Sozialdemokraten in Dresden nicht - aus Angst, in den politischen Illusionismus abzugleiten. Für Machttaktik sind sie aber gerade eben abgestraft worden.

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3 Kommentare

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  • MS
    M. Stocker

    Schön, wenn man das konservative Kampagnengeschwätz einen Tag vor der Verlautbarung der Arbeitgeberverbände schon in der Taz lesen kann, darauf legen wir Leser ganz besonderen Wert!

     

    Um es gleich vorneweg zu sagen: ich habe kein Herz für Sozialdemokraten, dafür jede Menge Kritik an diesem verlorenen und verlogenen Haufen. Das ist aber kein Grund, die zaghaften Versuche, den schröderschen Selbstmordkurs zu beenden, mit dem Begriff Retro-Schleife niederzumachen.

     

    Auch so funktioniert reaktionär-konservativer Journalismus:

     

    Man greife sich eine Lappalie heraus: die SPD, oh Schreck, hat keinen Migranten, zu wenig Frauen, äh, ja, also ach was, Wowereit, seis drum, immer noch zu wenige Schwule im obersten Leitungsgremium. Daraus destilliere man ohne Blick auf das Programm und Anträge auf dem Parteitag mühsam zusammen, dass sie sich des Migrationsthemas, der Familienpolitik, der Antidiskriminierungspolitik nicht genügend widme. Und schielt dann unverholen beglückt nach Rechtsaußen zur FDP, wo uns ein vorbildlicher Parvenue als Gesundheitminister gerade das solidarische (na ja, in Überresten) Gesundheitssystem vollends zertrümmert. Man darf das nicht kritisieren, um Gottes Willen nicht, denn das wäre ja keine politische Kritik, sondern nur rückwärtsgewandte latente Fremdenfeindlichkeit, wo doch der Gesundheitsminister so ganz anders aussieht als wir. Er hat zwar die deutsche Staatsbürgerschaft (und die nichtmal im Lotto gewonnen) und unterscheidet sich weder in Schläue noch in Unbedarftheit oder Infamie von all seinen Altersgenossen und politischen Weggefährten. Aber das macht nichts, er wurde vorsichtshalber schon mal mit dem politischen Artenschutzschild für Konservative versehen: ist Immigrant oder kann leichterdings zu einem gemacht werden. Das genügt Herrn Bollmann schon, wie die Kanzlerin aus der Uckermark und der schwule Außenminister. Jeder der die Politik dieser Herren und Damen kritisiert, ist schon enttarnt als xenophob, homophob oder frauenfeindlich, in einem Wort: rückwärtsgewandt.

     

    Ja der SPD-Parteitag, er sollte sich also nicht mit Petitessen wie Steuersätzen oder gar -Gerechtigkeit, Renten, Mindestlöhnen beschäftigen, die sowieso nur die Mehrheit der Lohnabhängigen und armen Selbständigen betreffen und interessieren.

     

    Wieviel Einfalt, wieviel Zynismus muss man eigentlich vorweisen, um bei der Taz kommentieren zu dürfen?

  • TF
    Thomas Fenkl

    Wesentlich schlimmer als Gabriel ist, dass es der SPD nicht nur an klugen und charismatischen Köpfen mit Visionen für die Zukunft fehlt, sondern - wie immer - auch an Mut.

    Es wäre noch eine Chance gewesen, hätte jemand in der SPD zu einer "Neuen Ehrlichkeit" - beginnend mit Benennung und Einsicht in gemachte Fehler - aufgerufen und Gehör gefunden.

    Wer Merkel möglich gemacht hat, weil es an Mut mangelte, die vorhandene Mehrheit links von der Union zur Übernahme der Regierung zu führen, hat die Zeche in mehrfacher Hinsicht zu bezahlen:

     

    1. Hat die SPD durch Schwarz-Rot die Merkel erst so richtig aufgebaut und auf Jahre unabwählbar gemacht und

    2. allen Machtoptionen links von der Union entsagt, wie jüngst in Thüringen noch einmal bestätigt

     

    und somit gibt es nur noch einen Grund SPD zu wählen: Mitleid!

     

    Der etwas tumbe hemdsärmelige Gabriel kommt ebenso intellektuell und charismatisch daher, wie der vorletzte Retter der SPD - Kurt Beck.

    Er mag vielleicht die Delegierten des SPD Parteitags für kurze Zeit in den Bann der Mittelmäßigkeit gezogen haben, wird jedoch die Bundesbevölkerung ebenso faszinieren und zu neuen Ufern mobilisieren, wie ein Rudolf Scharping oder dünn gebrühter Ersatzkaffee.

    Solange der Begriff Reform Ängste und Befürchtungen auslöst und nicht, wie einst unter Willy Brandt, Hoffnung und Perspektive, wird es der SPD nicht gelingen, neues Wählerpotential an sich zu binden.

    Wenn es die SPD ernst damit meint, sie würde mehr auf die Menschen hören wollen, dann sollte sie zunächst damit beginnen zuzuhören und in einen gesellschaftlichen Dialog zu treten, anstatt sich die Welt zurecht zu reden

  • V
    vic

    Die Angriffstore der Schwarz-Gelben stehen weit offen wie selten. Und was treibt die sogenannte Opposition?

    Springt auf Länderebene bereitwillig mit in´s Bett, und auf Bundesebene wird ein Vorstand installiert und gefeiert der nichts ändern kann und wird.

    Es gibt nach wie vor keine Opposition, und Merkel hat die nächste Wahl schon wieder in der Tasche.

    Wenns auch schwer fällt, das ist die Realität.