Kommentar Politik des IWF: Nicht Sparen reicht auch nicht
Es gibt ein einfache Alternative zum Sparkurs: Statt die Ausgaben zu senken, könnten die Staaten die Einnahmen erhöhen. Selbst Millionäre fordern höhere Steuern.
I n der Eurokrise reden fast alle vom Sparen - nur der bislang eher für seine Politik des Gürtel-Engerschnallens berüchtigte Internationale Währungsfonds (IWF) nicht. Seine neue Chefin, die vorherige französische Finanzministerin Christine Lagarde, hält hohen Staatsschulden zwar auch für ein Problem - aber die Risiken, die durch das heftige Dagegenansparen entstehen, für mindestens genauso problematisch. Nicht nur die Haushalte müssten saniert werden, so die IWF-Chefin, sondern auch die Konjunktur.
Angesichts des derzeitigen Krisen-Diskurses klingen Lagardes Feststellungen revolutionär. Abseits dessen aber sind sie nicht einmal originell. Auch eine Kommission des griechische Parlaments meldete gerade, dass das Land seine Sparziele nicht erreichen kann, weil das Sparen die Konjunktur abgewürgt hat und daher die Steuereinnahmen weiter zurückgehen.
Und darauf, dass sture Sparpolitik soziale Krisen auslösen kann, weist unter anderem der Wirtschaftshistoriker Hans-Joachim Voth hin. Seine These: Wenn Sozialausgaben gekürzt werden, steigen die sozialen Spannungen, damit die wirtschaftliche Verunsicherung - mit der Folge, dass die Wirtschaft schrumpft und der Staat noch mehr sparen muss.
NICOLA LIEBERT schreibt für die taz.
Zentral ist, was die IWF-Chefin nicht sagte. Es gibt nämlich eine einfache Alternative zum Sparkurs: Statt die Ausgaben zu senken, könnten die Staaten die Einnahmen erhöhen. Selbst zahlreiche Millionäre haben das erkannt und gefordert: Erhöht die Steuern! Und zwar bei uns, die wir von den vielen bisherigen Steuersenkungen am meisten profitiert haben.
Warum sich Lagarde dieser sinnvollen Forderung nicht anschließt? Offenbar sind Steuererhöhungen nicht nur für die Regierungen, sondern auch für den IWF nach wie vor ein Tabu.
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