Kommentar Pharmaspion: Stinksauer reicht nicht
Die diversen sauren Minister sollen lieber ihre Läden im Griff haben. Hinterher ein bisschen rumzupoltern lenkt nur vom eigenen Versagen ab.
W arum, fragt man sich bei der Nachricht vom Berliner Ministeriums-Maulwurf, warum schleust die Apothekerlobby aufwändig jemanden ins Gesundheitsministerium ein? Hätte es beim FDP-geführten Haus nicht auch ein einfacher Anruf getan?
Man könnte über dieses Bonmot lachen, würde der Vorwurf nicht so schwer wiegen. Die Apothekenlobby soll einen Datendieb im Gesundheitsministerium platziert haben, der für die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände geheime Unterlagen beschafft hat. Wann immer es in den letzten beiden Jahren um Interessen der Pharmaindustrie ging, wussten die Apotheker schon längst Bescheid.
Nun kam heraus: Das Informationsleck klaffte im eigenen Haus, der Systemadministrator des Ministeriums hatte Unterlagen und Mails gegen ein Handgeld verkauft.
geboren 1965, ist Parlamentskorrespondentin der taz.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sagt nun, er sei „stinksauer“. Das Ausspähen seiner Behörde sei „eine große Sauerei“. Sich „Stinksauer“, mitunter auch „stocksauer“ zu geben, ist eine neue Mode unter Politikern, die ihren Laden nicht im Griff haben.
Als Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck im Mai einräumte, dass der Eröffnungstermin des Flughafens Schönefeld nicht zu halten ist, war er „stinksauer“. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) war im Oktober „stocksauer“, weil ein Gericht die Hamburger Elbvertiefung gestoppt hatte.
Nun also auch Daniel Bahr. Die Wortwahl wirkt sympathisch – auch ein Minister ist nur ein Mensch, soll sie signalisieren. Zugleich aber lenkt sie allzu leicht ab vom Versagen des Chefs. Ob Bahr es sich in dieser Verteidigungsstellung gemütlich machen kann, wird man noch sehen.
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