Kommentar Pakistan: Islamistisch befreite Zone
Pakistan überlässt den Taliban das Swat-Tal. Damit ist klar: Es ist ein gescheiterter Staat. Ein fatales Signal an andere Gruppen in der Region.
Schon früher war hinter vorgehaltener Hand oft davon die Rede, Pakistan sei ein gescheiterter Staat. Nun ist der öffentliche Beweis erbracht: Pakistans Regierung überlässt den Taliban das - einst bei Touristen beliebte - Swat-Tal in der North West Frontier Province des Landes, wo diese die islamische Scharia-Gesetzgebung einführen wollen. Diese Entscheidung ist ein Menetekel für das, was noch kommen mag. Sie zeigt, dass eine bewaffnete Gruppe von kaum 5.000 Mann - denn das sind die Terik-e-Taliban um Mullah Faslullah - dem Staat nach Belieben ihre Bedingungen diktieren kann.
Dies ist ein fatales Signal an all die anderen, oftmals halbkriminellen Gruppen, die heute in Pakistan unter dem Namen Taliban aktiv sind, auf ähnliche "Deals" zu drängen. Es desavouiert auch die Regierung von Präsident Asif Ali Zardari, obschon offiziell "nur" sein Koalitionspartner, die in der Provinz regierende Awami National Party (ANP), das Abkommen geschlossen hat. Dass die säkular-liberale Partei aus reiner Verzweiflung handelt, zeigen die vielen Morde, Mordversuche und Angriffe auf Parteiveranstaltungen der ANP in den vergangenen Monaten. Auch die Mitglieder und Funktionäre der Partei erhalten offensichtlich keinen Schutz von denen, die eigentlich dafür verantwortlich sind: der pakistanischen Armee.
Die Frage ist nicht, ob man mit den Taliban grundsätzlich verhandeln darf. Doch in Pakistan, das über eine der größten und reichsten Armeen der Region verfügt, stellt sie sich anders als im benachbarten Afghanistan, das nur eine winzige, kaum funktionsfähige Armee besitzt. Warum eine Armee von mehr als 900.000 Mann nicht 5.000 Taliban besiegen kann? Die Antwort ist klar: Weil sie nicht will. Denn nur der Zustand permanenter Bedrohung rechtfertigt es, eine durch Wahlen nur notdürftig maskierte Militärdiktatur aufrechtzuerhalten. Obama sollte deshalb damit anfangen, mit Pakistans Armee Klartext zu reden. Das wäre jedenfalls eine bessere Strategie als die amerikanischen Militärschläge gegen Al-Qaida-Zellen auf pakistanischem Boden, die er im Wahlkampf angekündigt hatte.
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