Kommentar Ökostrom: Rechnung ohne Folgekosten
Der Marktpreis täuscht. Er verschweigt, dass Kohle- und Atomstrom über Jahrzehnte mit knapp 600 Milliarden Euro gefördert wurden. Und er berechnet nicht die Folgekosten.
Z unächst einmal geht es um eine rechtliche Frage: Darf RWE seinen Großkunden noch die Kosten in Rechnung stellen, die 2008 für die Förderung von erneuerbaren Energien angefallen sind? Unternehmen, von denen zigtausende Euro gefordert werden, haben allen Grund, den Ausgang des Verfahrens zwischen dem Berliner Energiehändler Ampere und RWE genauestens zu beobachten.
Der Streit und die darin auftauchenden Zahlen befeuern aber auch die Debatte um Kosten des Öko-Stroms, die alle Stromkunden bezahlen. Die sind in der Tat deutlich gestiegen, 2010 lagen sie nach Schätzungen der Energiebranche bei rund 8,2 Milliarden Euro – eine Verdopplung im Vergleich zu 2009. Doch das belegt vor allem eines: Deutschland ist energiepolitisch auf einem guten Weg.
Denn Hintergrund sind nicht Kostenexplosionen beim Ökostrom, sondern der stetig steigende Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix. Der liegt mittlerweile bei über 15 Prozent und muss weiter wachsen, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen und seine Abhängigkeit von Kohle, Gas und Uran verringern will. Das wird weiterhin Geld kosten. Jeder Cent fördert aber eine Zukunftsbranche, die Milliarden investiert und Hunderttausende beschäftigt.
Stephan Kosch ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt der taz.
Das alles vergessen diejenigen, die von "Überförderung" sprechen, Solaranlagen als "Gelddruckmaschinen" bezeichnen und nach marktgerechten Preisen rufen. Sie sehen auch nicht, dass der Marktpreis täuscht. Er verschweigt, dass Kohle- und Atomstrom über Jahrzehnte mit knapp 600 Milliarden Euro gefördert wurden. Und er berechnet nicht die Folgekosten für die Lagerung von Atommüll, Umweltschäden und daraus resultierende Krankheiten. Die stehen nicht auf der Stromrechnung, sondern werden über Steuern und Sozialabgaben finanziert - also von uns allen.
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