Kommentar Nazi-Beförderung: Staatlicher Übereifer
Die Polizei ist verpflichtet, auch für Neonazis das Recht auf Demonstrationen durchzusetzen. Das bedeutet aber nicht, ihnen die Anreise zu einem Aufmarsch zu organisieren.
D ie Vorstellung hat den Charme von Science-Fiction. Man fährt mit dem Zug zusammen mit vielen Gleichgesinnten nach Itzehoe. Dort warten schon Busse eines Unternehmens im Auftrag der Polizei, die die Menschen nach Brokdorf fahren und direkt vor dem Atomkraftwerk abladen. Dort demonstrieren sie dann gegen das Atomkraftwerk und blockieren die Zufahrten.
Was natürlich in der Realität undenkbar ist, ist bei Neonazis offenbar möglich: die staatlich organisierte und kostenlose Anreise zu Aufmärschen. Das Argument von Verkehrsunternehmen, Nazis lieber widerwillig in Sonderfahrzeugen unter Polizei-Eskorte zu transportieren, anstatt die rechten Nasen vereinzelt die regulären Transportmittel benutzen zu lassen, mit denen auch andere Menschen fahren, ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn allerdings öffentliche Verkehrsbetriebe dazu missbraucht werden, den Nazis überhaupt die Anreise zu ermöglichen, geht es über das Notwendige weit hinaus.
Die Polizei ist zwar verpflichtet, auch Neonazis das Recht auf Demonstrationen durchzusetzen, wenn dabei die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt, es gibt aber keine Gesetzesnorm, die die Ordnungsmacht verpflichtet, Neonazis die Anreise zu einem Aufmarsch weiträumig zu organisieren und zu spendieren. Mit ihrem Buskonvoi ist die Hamburger Polizei weit übers Ziel hinausgeschossen.
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