Kommentar Missglücktes Brexit-Dinner: Geschmeckt hat's keinem
EU-Kommissionspräsident Juncker dinierte mit der britischen Premierministerin May – das ging schief. Schuld daran sind andere, auch Merkel.
S ie hat nicht lange vorgehalten, die gute Stimmung nach dem Brexit-Gipfel in Brüssel. Schaut her, wir sind einig wie nie, lautete die Botschaft der verbliebenen 27 EU-Staaten. Wir geben die Richtung vor, die Briten müssen folgen, hieß es nach gerade mal fünfzehn Minuten Gipfel-Gespräch.
Doch das war nur schöne Fassade für das heimische, zunehmend EU-skeptische Publikum. Wie es wirklich um die Brexit-Verhandlungen steht, konnte man am Wochenende in einer Frankfurter Zeitung lesen. Die Briten leben in einer anderen Galaxie, ein Scheitern droht, so der Tenor.
Zuvor waren Details eines vertraulichen Treffens zwischen Kommissionschef Jean-Claude Juncker und der britischen Premierministerin Theresa May durchgestochen worden. Das Leak lässt sich unschwer in der EU-Kommission ausmachen – bei Martin Selmayr, der rechten Hand Junckers.
Nun schlagen alle auf Juncker und Selmayr ein. Sie hätten die Atmosphäre vergiftet und die kommenden Scheidungsgespräche erschwert, so die Kritik. In der Tat war es nicht die feine englische Art, May so bloßzustellen. Das „Desaster-Dinner“ könnte unangenehme Folgen haben.
Weniger wichtig, Einheit vorzugaukeln
Der eigentliche Fehler liegt aber bei den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Sie wussten nämlich ganz genau, dass zwischen ihren Leitlinien und den Plänen Mays noch Welten liegen. Juncker hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel von seinem Treffen informiert und vor dem drohenden Clash gewarnt.
Merkel und die anderen Chefs haben jedoch nichts unternommen, um die Lage zu entschärfen. Sie sind nicht auf May zugegangen, sondern haben versucht, sie in die Enge zu treiben. Sie haben keinen Plan B für ein Scheitern der Verhandlungen vorgelegt, sondern geschwiegen.
Offenbar war es ihnen wichtiger, Einheit vorzugaukeln. Doch auch die ist eine Illusion. Spätestens wenn es ans Eingemachte geht – ums Geld und um die begehrten EU-Einrichtungen –, droht ein böses Erwachen.
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