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Kommentar KonjunkturpaketDie Regierung traut sich selbst nicht

Kommentar von U. Herrmann

Es ist eine seltsame Asymmetrie, dass in der größten Krise eines der kleinsten Konjunkturpakete aufgelegt wird. Die Regierung scheint sich von ihrer Wirtschaftspolitik kaum was zu erwarten.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist Redakteurin für Wirtschaftspolitik der taz.

Inzwischen ist es unbestritten: Es droht die schwerste Wirtschaftskrise seit 80 Jahren. Da würde man gemeinhin erwarten, dass nun auch das größtmögliche Konjunkturpaket aufgelegt würde. Doch so logisch funktioniert die bundesdeutsche Politik nicht. Zwar klingt es beträchtlich, wenn die Bundesregierung 50 Milliarden Euro ausgeben will, um die Wirtschaft anzukurbeln. Doch diese Summe wird auf zwei Jahre verteilt. Damit entspricht das geplante Konjunkturprogramm faktisch nicht mehr als einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Das ist wenig. Sogar sehr wenig, wie der historische Rückblick zeigt. So wurden beim Miniabschwung von 1967 gleich 3,1 Prozent der Wirtschaftsleistung in ein Konjunkturprogramm investiert. Mit Erfolg, wie niemand bestreitet. Es ist schon eine seltsame Asymmetrie, dass in der größten Krise eines der kleinsten Konjunkturpakete aufgelegt wird.

Auch scheint die Bundesregierung nicht viel von ihrer eigenen Wirtschaftspolitik zu erwarten. Demnächst wird sie ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr korrigieren - und wie zu hören ist, rechnet die Koalition mit einem Minus von 3 Prozent. Das Konjunkturpaket soll diesen Einbruch dann auf minus 2 Prozent beschränken. Das wirkt wie ein Fortschritt, wäre aber in der Nachkriegszeit immer noch beispiellos: Die bundesdeutsche Wirtschaft ist noch nie um 2 Prozent eingebrochen. Die große Koalition legt also ein Konjunkturprogramm auf, das nicht mehr sein will als Schadensbegrenzung. Keynes war da ehrgeiziger.

Diese Halbherzigkeit ist durchaus riskant - wie sich ausgerechnet vom künftigen US-Präsidenten Obama lernen lässt. Er droht seinen Heiligenschein des intelligenten Reformers in den USA zu verlieren, weil sich bei ihm letztlich ähnliche Fehler zeigen wie bei den politischen Entscheidungsträgern hierzulande: Auch sein Konjunkturpaket ist zu klein, und auch er setzt auf allzu viele Steuererleichterungen, die nichts bringen. Und so kursieren in den US-Blogs schon die ersten YouTube-Aufzeichnungen von Obama, die ihn als Ökonomen höchst erfolgreich lächerlich machen. Auch für Angela Merkel wird es gefährlich, wenn die Rettungsmaßnahmen scheitern.

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1 Kommentar

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  • MM
    Müllermeister Michi

    Aber für Haselmäuse wird es eng.