piwik no script img

Kommentar Jamaika-Bündnis an SaarPanzer auf Kurs

Auf dem Grünen-Parteitag winkten fast 90 Prozent den Koalitionsvertrag durch - auch dank einer strategische Meisterleistung von Grünenchef Ulrich.

Als "Panzer" wird der Chef der Grünen Saar, Hubert Ulrich, von Freund und Feind gerne bezeichnet. Doch auf dem Koalitionsparteitag am Sonntag brauchte er gar nicht mehr bedrohlich mit den Ketten zu rasseln: Fast 90 Prozent der Delegierten winkten den Koalitionsvertrag durch, den die Spitzen von CDU, FDP und Grünen am Montag in Saarbrücken unterzeichneten. Viel Widerstand musste er er nicht überwinden.

Die - wenn auch späte - Nominierung der allseits beliebten Parteilinken Simone Peter aus Saarbrücken für das Amt der Umweltministerin war eine strategische Meisterleistung von Ulrich: Sie machte das Jamaika-Bündnis auch vielen Kritikern vom linken Parteiflügel schmackhaft. Ulrichs Gegenspieler konnten am Ende nicht einmal mehr zehn Delegierte aufbieten, die es für ihren Antrag auf Vertagung des Parteitages und Durchführung einer Mitgliederbefragung gebraucht hätte.

Bild: taz

Klaus-Peter Klingelschmitt ist Saarland-Korrespondent der taz.

Wenn Saarlands CDU-Ministerpräsident Peter Müller in seinem Amt bestätigt wird, ist die bundesweit erste Jamaikakoalition auf Länderebene perfekt. Das kann nicht allen gefallen. Insbesondere nicht SPD und Linken, die sich im Landtag jetzt die Oppositionsrolle teilen müssen. Selbst schuld, hatte SPD-Chef Heiko Maas doch mit seiner Absage an eine große Koalition gleich schon in der Wahlnacht sein ganzes Pulver verschossen und sich Grünen und Linken damit bedingungslos ausgeliefert. Als der grüne "Panzer" Ulrich dann Kurs auf Jamaika nahm, war Maas aus dem Rennen um das Ministerpräsidentenamt ausgeschieden - und steht jetzt alleine in der Schmollecke.

Ob das schwarz-gelb-grüne Bündnis für andere als Modell taugt, müssen dessen Protagonisten nun unter Beweis stellen. Leicht wird das nicht. In keinem deutschen Flächenland ist der (relative) Schuldenberg höher, sind die Kassen leerer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

9 Kommentare

 / 
  • MS
    M. Stocker

    Ach, Herr Klingelschmitt, wann lernen Sie's endlich. Es ist doch nur eine Frage der Logik: Wenn ich Müller und seine CDU und die FDP loswerden will, dann brauche ich mir auch keine Option auf eine Große Koalition offenhalten. Wenn ich nur machtgeil bin, dann natürlich schon. Ich hoffe zumindest, dass Heiko Mass zu den wenigen schlaueren Sozialdemokraten gehört, der die politische Macht eines Ministerpräsidenten nicht nur als Karrieretreppchen und als Selbstzweck sieht, sondern als eine Möglichkeit, ein politisches Programm zu verwirklichen. Irgendwas vernünftiges wird doch aus der gemeinsamen Zeit mit Oskar Lafontaine noch hängen geblieben sein.

     

    Und dass die Linke und SPD sich gemeinsam mit der Mehrheit der Saarländer und dem Rest der Republik, die mehr Gegenwehr gegen die schwarz-gelbe Abbruchkolonne der Bundesregierung erhofft hatte, über den Wählerbetrug der Grünen ärgern, geschenkt.

     

    Ihre vergifteten Ratschläge für Sozialdemokraten, die nur dazu führen, dass die SPD noch schneller untergeht, und der konservative Beton, dem Sie sich verschrieben haben, nie bröckelt, mögen Sie aber bitte für sich behalten. Die braucht in der Taz niemand.

  • A
    axel

    Danke Herr Klingelschmitt für ihre klaren kommentierenden Worte zur Wählertäuschung durch die Grünen, zu den anrüchigen Geschäftsbeziehungen von Herrn Ulrich, zu den kolportierten Spenden und den undemokratischen Vorgängen rund um den Parteitag. Stattdessen wird über Linke und SPD als Verlierer hergezogen und "Zweck heiligt die Mittel" Ulrichs "strategische Meisterleistung" gefeiert.

    Herr Klingelschmitt als bekennender Jamaikaner.

  • BS
    Bernd Schild

    Klingelschmitt eine Zumutung wie Amigo Ulrich. Und die taz?

  • F
    Firtz

    Die saarländischen Grünen sind da angekommen, wo die Bundespartei hin will, nämlich als Steigbügelhalter für Schwarz bzw. Schwarz-Gelb. Damit folgen sie den Hamburgern. Und als nächstes werden die Grünen NRW folgen, falls Rüttgers sie zur Machterhaltung bracht.

    Apropos "braucht": Braucht noch irgend jemand die Grünen, wenn sie sich so positionieren wie es aktuell aussieht?

  • H
    HRolf

    Dieser "gekaufte" Ulrich mit seinen 90 % Grünen wird bei der nächsten Wahl hoffentlich eine saftige Niederlage einstecken müssen.

     

    Alle Grünen-Wähler wollten nicht mit Müller, jetzt haben sie ihn sogar noch stabilisiert. Und das dank eines Mannes, den Cohn-Bendit als "Mafiosi" bezeichnet hat. Im Klartext: Bei der nächsten Wahl gleich die Richtigen wählen - und nicht die Konservativen und Neoliberalen mit Grün unterstützen.

  • R
    reblek

    "Auf dem Grünen-Parteitag winkten fast 90 Prozent den Koalitionsvertrag durch - auch dank einer strategische Meisterleistung von Grünenchef Ulrich"

     

    Was mal wieder eines sprachliches Meisterleistungs von Herrn Klingelschmitt ist. Strategisches gesehen.

  • V
    vic

    Dass Maas eine große Koalition mit CDU und oder FDP ablehnte war kein Fehler, sondern das , was ich von einer sozialdemokratischen Partei erwarte. Es ist eben nicht jeder so machtgeil wie Ulrich und die sogenannten Grünen.

  • F
    freewheels

    ich könnte kotzen!

  • DD
    Dankwart Dussek

    "Saarlandkorrespondent der TAZ"?

    Mit eigenem Büro und Öko-Dienstmercedes?

    He - falls ihr noch einen Niederrheinkorrespondenten braucht ...