Kommentar Italiens Finanzkrise: So ist Italien kaum zu retten
Sollte es für Italien einen Rettungsschirm geben, wäre er sehr teuer. Aber vielleicht würden Europas Finanzpolitiker dann die sinnlose Flickschusterei aufgeben.
A ls ob es eines weiteren Beweises bedurft hätte: Die nächste sich anbahnende Krise - diesmal in Italien - zeigt, dass die Rettungsstrategie der Eurostaaten nicht funktioniert. Mehr noch: sie zeigt, dass man von "Strategie" streng genommen gar nicht reden kann. Zeit kaufen, egal was es kostet - sehr viel mehr ist in den bald anderthalb Jahren seit Ausbruch der Griechenlandkrise nicht passiert.
Dabei gibt es über immer neue Sparauflagen für die verschuldeten Staaten hinaus keinen Plan, wie die gekaufte Zeit genutzt werden soll. Der eigentliche Haken aber ist, dass das Kaufen von Zeit selbst keinen Sinn hat.
So wird ständig an neuen Rettungspaketen gebastelt, während sich die Spekulanten und ihre Handlanger, die Ratingagenturen, schon den nächsten Krisenkandidaten vornehmen. Die Krise wanderte von Griechenland nach Irland und Portugal, wobei sie kurz Spanien streifte, und von dort wieder zurück nach Griechenland.
NICOLA LIEBERT ist freie Journalistin und Wirtschaftsexpertin.
Obwohl die italienische Wirtschaft im Vergleich zu den anderen Krisenstaaten recht solide dasteht, ist das Land nun dennoch ein leichtes Opfer. Es ist schließlich allen Marktteilnehmern bekannt, dass der italienische Schuldenberg bis zum Ausbruch der Griechenlandkrise stets der höchste in Europa war und dass sich die Regierung Berlusconi meist mit anderen Dingen als dem schnöden Ausgleich des Staatshaushalts beschäftigt hat.
Italien ist aber dummerweise kein kleines Land an der europäischen Peripherie, sondern die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Sollte auch über Italien ein Rettungsschirm aufgespannt werden müssen, dann würde das teuer. Sehr teuer.
Dann wäre vielleicht endlich der Zeitpunkt gekommen, dass die Euro-Finanzpolitiker mit ihrer kostspieligen, aber sinnlosen Flickschusterei aufhören und die Währungsunion auf eine neue, gemeinsame Basis stellen. Wie das gelingen könnte, auf diese Frage gibt es längst eine plausible Antwort. Sie lautet: Eurobonds.
Demnach würden künftig alle Eurostaaten gemeinsam Schulden aufnehmen. Wer nun noch gegen europäische Staatsanleihen spekulieren wollte, müsste es mit Deutschland, Frankreich und 15 weiteren Staaten aufnehmen. Da das eher unwahrscheinlich ist, wäre der von Land zu Land ziehenden Spekulantenkarawane endlich der Weg versperrt. Das wäre die Chance, das Primat der Politik über die Märkte wiederherzustellen.
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