Kommentar Homophobie in Litauen: Amoralische EU
Litauen legitimiert die Diskriminerung von Homosexuellen. Damit verstößt es gegen die Kopenhagener Kriterien. Die EU muss eingreifen, damit die Menschenrechte in der Union gewahrt bleiben.
U nter dem Deckmantel des Jugendschutzes hat Litauen ein Gesetz erlassen, das Homophobie institutionalisiert. Das Verbot "homosexueller Propaganda" ist ein direkter Angriff auf alle Homosexuellen - deren jetzt schon weit verbreitete Diskriminierung damit auch noch legitimiert wird. Und es ist wahrscheinlich, dass dieses Gesetz zu noch mehr Gewalt inspiriert. Bis auf einen erhobenen Zeigefinger seitens des EU-Ratspräsidenten Fredrik Reinfeldt - "so etwas sollte man in einer modernen Gesellschaft nicht tun" - war aus Brüssel zu diesem unerträglichen Gesetz nichts zu hören.
Dabei ist das litauische "Moralgesetz" ein klarer Verstoß gegen die "Kopenhagen-Kriterien", denen sich die Kandidatenländer vor der Osterweiterung der EU unterworfen hatten. Nach diesen Kriterien muss ein Mitgliedsstaat nicht nur bestimmte ökonomische Voraussetzungen erfüllen, sondern auch "institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten verwirklicht haben". EU-Mitglieder, die systematisch Minderheiten unterdrücken, werden solchen Forderungen nicht gerecht.
Nicht zuletzt angesichts der skandalösen Situation der Roma in vielen osteuropäischen Ländern ist schon lange offensichtlich, dass die EU bislang zu wenig getan hat, diese hehren Vorsätze auch in die Wirklichkeit umzusetzen. Die Frage stellt sich nun aber, ob Litauen mit seiner regelrecht diskriminierenden Gesetzgebung nicht eine Grenze überschritten hat, die Brüssel zum Einschreiten veranlassen müsste. Beim Thema Korruption hat man das am Beispiel Bulgarien vorexerziert. Korruptionsbekämpfung ist sicher wichtig. Doch wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden, darf das für Brüssel wohl nicht unwichtiger sein.
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