Kommentar Hartz-IV-Sätze: Der Lohnabstand ist garantiert
Der Paritätische Wohlfahrtsverband zeigt, dass auch im ungünstigsten Fall der Lohnabstand nicht zu wenig ist. Für die Hartz-IV-Sätze besteht so noch Spielraum nach oben.
D er Paritätische Wohlfahrtsverband liefert mit seiner Expertise, wie groß der Lohnabstand zwischen sogenannten Hartz-IV-Beziehern und Erwerbstätigen eigentlich ist, gute Argumente für eine Versachlichung der Debatte. Denn die insgesamt 196 Beispielrechnungen, in denen - je nach Haushaltslage differenziert - die Einkommensabstände zwischen Beziehern von Arbeitslosengeld II (ALG II) und Arbeitnehmern inklusive Aufstockern und Niedriglohnbeziehern aufgeschlüsselt werden, zeigen eines: Von zu wenig Lohnabstand kann keine Rede sein.
Selbst im ungünstigsten Fall geht hierzulande ein Erwerbstätiger mit 254 Euro mehr Geld nach Hause als ein ALG-II-Bezieher, meistens sind es zwischen 350 und 500 Euro - oder mehr.
Das entlarvt die von der FDP befeuerte Sozialstaatsdiskussion als ideologisch motiviert. Für einen Großteil der ALG-II-Bezieher besteht sehr wohl ein großer Anreiz, Arbeit zu suchen, um wenigstens etwas mehr Geld zu haben. Das gilt selbst für schlecht bezahlte Tätigkeiten, bei denen kein Anspruch auf Aufstockungsleistungen besteht. Ob es diese Arbeitsplätze allerdings auch gibt, steht auf einem anderen Blatt.
Die Zahlen entkräften auch die Behauptung, die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene könnten nicht erhöht werden, um eben jenen Lohnabstand nicht zu gefährden. Vielmehr wird deutlich: Spielraum nach oben besteht durchaus.
Doch allein das Liefern von verlässlichen Zahlenmaterial bremst weder einen Westerwelle aus noch sorgt es für die Regelsatzerhöhung. Auf die Tagesordnung gehört eine Kritik, die dem Populismus der FDP mit richtigen Fragen konzertiert entgegentritt. Die Akteure der anderen Seite müssen sich endlich verständigen, um die Debatte um die "richtige Arbeit" und nötige Umverteilungen zu führen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg