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Kommentar FukushimaVerdrängt, aber gefährlich

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Ein bisschen Medienschelte ist angebracht. Jetzt gibt es zwar mehr Infos aus Fukushima. Doch das Medieninteresse hat nachgelassen. Andere Themen stehen im Vordergrund.

F ukushima? Doch, doch, da war was. Ich komm gleich drauf … Hochzeit von William und Kate, Dortmund wird Meister, Euro-Krise …

So reagieren wir. Und das ist nicht zynisch, sondern normal. Seit zehn Wochen köchelt am anderen Ende der Welt die nukleare Katastrophe vor sich hin, und wir haben auch mal wieder andere Dinge zu tun. Und auch wenn in den ersten Tagen und Wochen die Aufmerksamkeit besonders in Deutschland hoch war, wird selbst die Apokalypse auf Dauer langweilig.

Sechs Wochen, sagen Katastrophenforscher, halten sich Meldungen über solche Desaster in den Medien. Dann werden sie zu Randnotizen. Das Muster bestätigt sich auch bei Fukushima.

Dabei ist es wenig bedeutsam, wie wichtig ein Ereignis ist oder wie viel wir wissen. Inzwischen fließen die Informationen aus Fukushima besser als zu Beginn der Krise, und sie geben wenig Anlass zur Entspannung.

Bild: taz

BERNHARD PÖTTER ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt der taz.

Sie zeigen, wie ahnungslos die Ingenieure sind und wie konstant wackelig die Situation an den Reaktoren ist, doch es gibt (zumindest bis jetzt) keine Bilder mehr, in denen etwas explodiert. Und während die Aufmerksamkeit massiv nachlässt, steigen die Strahlenbelastungen und die Gefährlichkeit der Katastrophe weiter an.

Ein bisschen Medienschelte ist durchaus angebracht. Aber der wirkliche Grund zur Beunruhigung liegt tiefer: Wenn wir nicht einmal beim Super-GAU der Atomkraft unser Interesse nachhaltig konzentrieren können, zeigt das, wie schlecht wir mit Risikotechnologien umgehen können.

Deshalb ist die beste Lösung für dieses Dilemma, aus diesen Techniken auszusteigen. Das kurze Fenster der Möglichkeiten, das Fukushima geboten hat, haben die alten und neuen Atomgegner in Deutschland bisher mit Bravour genutzt: Moratorium, Ausstieg, Wahl in Baden-Württemberg.

Man kann der neuen deutschen Volksfront zum Atomausstieg mit Recht skeptisch gegenüberstehen. Aber sie ist die richtige Antwort auf das Vergessen und Verdrängen rund um Fukushima.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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7 Kommentare

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  • V
    vic

    Doch es gibt sie noch, die Bilder aus Japan. Und sie sind schlimmer geworden. Man muss sich aber schon Dokus ansehen, die nicht so "unterhaltsam" sind wie Talk Shows und Buchstabendsalat- Wettbewerbe.

    Kachelmann und DSK sind zudem leichtere Kost für die Quotenklientel.

  • MR
    Mathias Rée

    Von Fukushima werden wir dann wieder hören, wenn die geschmolzenen Kerne auf Wasser treffen. Uns geht es wie den Zeichentrickfiguren in Tom&Jerry-Filmen: wir sind über den Abgund hinausgeschnellt machen jetzt noch frei in der Luft stehend Laufbewegungen. Der Blick nach unten ist dank medialer priorisierung auf "wichtigeres" noch nicht erfolgt, pronto kurzes Erschrecken und Absturz. Nur ist es eben kein (haha) Zeichentrickfilm.

     

    Für "Skeptiker": Informationen über Fukushima gibt´s täglich aktuell bei der Deutschen Gesellschft für Reaktorsicherheit http://fukushima.grs.de/

    Nix für Leute mit schwachen Nerven.

  • HZ
    Herr Ziegel

    Die Medienschelte muß man da auch direkt an die taz richten, leider!

    Warum gibt es nicht mehr - wie anfangs - einen täglichen Bericht zur Lage? Gerade wenn es jetzt mehr Infos gibt: warum veröffentlicht die taz sie nicht?

    Was könnte die Bewegung nachhaltiger unterstützen?

  • H
    hto

    "Und das ist nicht zynisch, sondern normal."

     

    - ja, normal-dumm / gutbürgerlich-gebildet zu Suppenkaspermentalität auf systemrationaler Sündenbocksuche in der stumpf- wie wahnsinnigen Hierarchie von materialistischer "Absicherung", und immer "individualbewußt" in gleichermaßen manipulierbarer Bewußtseinsschwäche von Angst und Gewalt, wo Zynismus ein normales Symptom der konsumautistischen Bewußtseinsbetäubung in konfusionierter Überproduktion von systemrationalem Kommunikationsmüll ist.

     

    Der "Atomausstieg" wird vielleicht schon im nächsten Winter ein Opfer des Systems von Ausbeutung und Unterdrückung durch Erpressung von "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" - die Profitler an den Schaltern bereiten die gezielte Stromabschaltung doch schon vor!?

  • ML
    Max Lewien

    "Ein bißchen Medienschelte ist durchaus angebracht" sagt Herr Pötter gönnerhaft. Aber..unser Aufmerksamkeitsdefizit durch Katastrophen-Gewöhnung!!..!!!Ja, so ein psychologistisch-kulturalistischer Ansatz macht sich-s mit dem medialen Schrumpfen der Nachrichten über Fukushima in der BRD leicht. Ist alles bloß Gewohnheit - Grenzvergnügen an der Katastrophe - nach Ansicht von ominösen "Katastrophenforschern" spätestens 6 Wochen nach einem Medienhype erreicht. Alles nur Psychologie und Ästhetik?

    Früher gab-s mal eine Publikation der BRD-Linken über die Verbreitung "unterdrückter Nachrichten". Hinter dieser Unterdrückung wurden oft handfeste ökonomische Interessen vermutet und - oder nachgewiesen. Von denen wurde Informationsbedürfnis oft bewußt und interessiert nicht erfüllt

    Vieles spricht auch im Falle Fukushima dafür. Es ist äußerst zweifelhaft, daß hierzulande bei der Mehrheit der Menschen im Falle Fukushima so etwas wie ein katastrophen-psychologische Regularität wirkt. In meinem Lebenskreis beklagen seit Wochen Viele, daß die überregionalen Medien immer weniger Nachrichten über die verbrecherisch in Kauf genommene und medial behandelte Katastrophe von Fukushima verbreiten, obwohl sie sicher kontinuierlich Nachrichten darüber von den Nachrichtenagenturen erhalten.

    Auch hinter den meisten überregionnalen BRD-Medien stehen, wie in allen kapitalistischen Ländern die Interessen von Konzernen, großen Anteilseignern - auch der Atomkonzerne. Denen sollte jeder, der sich mit dem Rückgang der Meldungen über Fukushima auseinandersetzt große Aufmerksamkeit widemn, was Herr Pötter in seinem Artikel leider nicht tut.

  • J
    Jonnyk

    ich frage mich nur seit laengerem warum die presse nicht mehr ueber strahlungswerte berichtet ?? wird da wer geknebelt???

  • S
    Skeptiker

    also ich hoffe doch, dass es noch mehr leute gibt, die täglich, wie ich, auf neue ERkenntnisse aus Fukushima warten. leider kommen so selten welche und definitiv nicht die, die wir gerne hören würden. ich denke aber, die wöchentlichen mahnwachen und die doch recht gehäuft in letzter zeit auftretenden großdemonstrationen und aktionen wie die ballons in gundremmingen zeigen, dass ein teil der bevölkerung bereit ist, nach wie vor zeit und aufmerksamkeit auf diese thema zu verwenden. mit welchem recht kann man dem denn skeptisch gegenüberstehen? den satz verstehe ich nicht...