Kommentar Dredner Datenskandal: Straftat Unwissenheit
Nach dem Datenskandal wird klar: Das Rechtsstaatsverständnis von Sachsens Regierung schläft. Und die Kontrolle der Justiz in dem Bundesland funktioniert schlicht nicht.
S achsen - was hat dieses Bundesland eigentlich für ein Rechtsstaatsverständnis, hat es überhaupt eines? Diese Frage stellten sich viele, als im Juni bekannt wurde, mit welcher Dreistigkeit die Dresdner Polizei in Tateinheit mit Staatsanwaltschaft und sächsischen Gerichten massenhaft die Ausspähung der Handydaten von Zehntausenden Demonstrierenden betrieb. Nun, nach einem veritablen Datenskandal und wieder neuen Erkenntnissen, wird langsam klar: Das Rechtsstaatsverständnis der sächsischen Regierung - es schläft noch immer. Und die Kontrolle der Justiz in Sachsen - sie funktioniert schlicht nicht.
Stolz hatte Sachsens Justizminister Jürgen Martens erklärt, er selbst werde maximale Aufklärung betreiben. Einen Monat später müssen sich Sachsens Minister erneut belehren lassen: Die Erhebung von Demodaten aus dem Februar war kein Neuland. Es ist schon bemerkenswert, wie unterschiedlich Länder auf Massenproteste gegen ihre Politik reagieren.
In Stuttgart führten die Demos zu einer Mediation, zu Stresstests, zu einem fürs Ländle sensationellen Regierungswechsel. In Sachsen führt der legale Protest nur zur Überwachung - der Nichteliten. Hat die Regierung wirklich nicht begriffen, welchen Skandal sie verursacht hat?
ist Bewegungsredakteur im Inlandsressort der taz.
Das Justizministerium behauptet, dass die Minister nichts gewusst hätten, weshalb der FDP-Minister Jürgen Martens beherzt umfassende Aufklärung versprochen hatte. Aber wie schon ein Mitglied des britischen Untersuchungsausschusses in Sachen Rupert Murdoch und Sohn süffisant anmerkte: Nichtwissen, wenn man etwas wissen kann, also gezieltes Nichtwissen, kann eine Straftat sein. Heißt: Die Landesregierung sollte endlich anfangen zu arbeiten und die Köpfe der Verantwortlichen ins Rollen bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu