piwik no script img

Kommentar Deutsche BahnZu geringe Reserve

Kommentar von Richard Rother

Nicht Schnee und Minusgrade sind Schuld an dem neuen Bahn-Desaster. Die Ursachen sind vielmehr in dem kurzfristigen, börsenorientiertem Betriebskonzept zu suchen.

F ür die Bahn und ihre Kunden endet das Jahr unschön. Kaum ist es, wie im Winter nicht unüblich, mal etwas kälter, tauchen technische Probleme auf. Jeder zweite ICE-Zug von Berlin nach München wird ausgerechnet zur Weihnachtszeit gestrichen. Wer fahren will, muss überfüllte Waggons oder Umwege in Kauf nehmen.

Das ist zwar nicht so dramatisch wie das jüngste europäische Bahndesaster im Ärmelkanaltunnel, wo hunderte Menschen stundenlang im Dunkeln festsaßen, weil die Zugelektronik ausgefallen war. Ärgerlich sind die Zugausfälle aber doch. Wobei anzumerken ist, dass der Winter regelmäßig nicht nur den Bahnen, sondern auch Autos und Flugzeugen zu schaffen macht. Dennoch: Die Zugausfälle ließen sich weitgehend vermeiden. Notwendig dafür wären nicht nur weniger störanfällige Konstruktionen und Materialien, sondern vor allem eine ausreichende Zugreserve. Die erweist sich mal wieder als zu gering.

Dabei zeigt sich auch, wie kurzfristiges, rein börsenorientiertes Denken ein gutes Bahnsystem schädigen kann. Reservezüge, die nicht fahren, erwirtschaften nämlich keinen Umsatz, sondern verursachen Unterhaltskosten, die es zu minimieren gilt.

Dieses Denken hat die Bahn bei ihrem Tochterunternehmen, der Berliner S-Bahn, auf die Spitze getrieben: Reservezüge wurden verschrottet, Werkstätten geschlossen, Personal abgebaut. Als im Sommer massive Sicherheitsprobleme auftraten, musste die staatliche Bahnaufsicht eingreifen - seitdem gibt es in der Hauptstadt keinen normalen Fahrplan mehr. Jetzt verlängerte die Bahnaufsicht die zum Jahresende auslaufende Betriebsgenehmigung der S-Bahn auch noch lediglich um ein Jahr - üblich wären 15 Jahre. Das ist eine Ohrfeige für den Bahnvorstand, dem jetzt klar sein sollte: Wer am falschen Ende spart, zahlt letztlich doppelt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • JS
    Jens Schlegel

    Die Bahn verdient mittlerweile mehr Geld im Güterverkehr. Und wie ein Gut fühle ich mich manchmal. Im absoluten "BummelBahn" - Verkehr wollte ich die Toilette benutzen, 500m Zug und kein Klo funktioniert, bis auf eines, das sah aber auch schon dementsprechend aus.

     

    Als es einmal Regnete lief literweise das Wasser durch die Abteile.

     

    Durchsage um 5. 52 morgens "Der Zug mit Planmäßiger abfährt 5. 51 fällt aus." --> Ersatz? darüber gab es keine Auskunft.

     

    Einsteigen, Platz suchen, nächstes Abteil, nächstes Abteil..., nächstes Abteil, ah da ist ja noch einer frei. Aussteigen --> Türe defekt, nächste, Türe defekt, nächste, Türe defekt, nächste, ich kam dann dort wieder raus wo ich einstieg, alle anderen Türen waren beim Aussteigen zu.

     

    Was soll der Kunde noch ertragen bis er sich sagt:" ich hab doch da diesen Schein, damit kann ich ein Auto lenken..."?

     

    Ich bin eigentlich überzeugter Bahnfahrer, pendle jeden Tag 50km mit dem Zug, aber es wird immer anstrengender - und teurer.

  • A
    Amos

    Fährt keiner mehr mit der Bahn, können sie ihre Aktien fressen, diese Dienstleister der Aktionäre.

    Die eigentliche Aufgabe der Bahn ist doch der Transport und nicht das Füttern der "Arbeitsscheuen".