Kommentar: Der blasse Vorsitzende : Aussitzer Rüttgers
Vielleicht hat er zu lange an Helmut Kohls Kabinettstisch gesessen: Schon lange kursiert in Düsseldorf der Spruch, dass einzige Glück von SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück sei sein blasses Gegenstück, der oft unentschieden und unsicher wirkende CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers.
Jetzt ist es wieder so weit: Eine Entscheidung steht an – und Rüttgers geht auf Tauchstation, wie in der Frage der CDU/CSU-Kanzlerkandidatur im vergangenen Jahr. Rüttgers Kalkül: Bloß niemanden verprellen, einfach aussitzen: Der ehemalige Bundesbildungsminister arbeitet wie sein ehemaliger Kanzler. Die Zeit arbeite für ihn: Jürgen Rüttgers glaubt fest daran.
Für Nordrhein-Westfalen aber wird der Oppositionsführer damit zum Problem: Niemand weiß, wo Rüttgers steht – sei es in Personalfragen wie aktuell in der Diskussion um Klaus Töpfer. Noch schwerer wiegt aber die fehlende inhaltliche Positionierung des auch bundespolitisch wichtigen NRW-Landesverbands. Auch inhaltlich wird taktiert, was das Zeug hält: Rüttgers gilt als Anhänger der Bundesvorsitzenden Merkel, trägt ihre Konzepte bedingungslos mit – auch wenn er nicht viel von ihnen hält. Bestes Beispiel: Die Diskussion um die neue Sozialpolitik der Union. Rüttgers Vertraute streuen hinter den Kulissen, der Landesverband verstehe sich als das „soziale Gewissen“ der CDU. Offiziell aber stützt Rüttgers die unsinnige Umverteilungs-Projekt der Herzog-Merkelschen Kopfpauschalen. Kritik? Fehlanzeige.
Noch mag das Konzept des CDU-Landesvorsitzenden aufgehen. Im Wahlkampf aber dürften sich viele fragen, wofür Rüttgers eigentlich steht. Und dann könnten die Umfragewerte wieder in den Keller rutschen.
ANDREAS WYPUTTA