Kommentar: Christian Jakob über Schlecker : Das Prinzip Zeitarbeit
Ein neues Schild an den Eingang schrauben, behaupten, dass es sich um einen neuen Betrieb handelt – und dann die Beschäftigten vor die Wahl stellen: Bleibt zu Hause oder arbeitet für das halbe Geld weiter.
Man sollte meinen, dass die Kaltschnäuzigkeit mit der der Drogeriekonzern Schlecker sein Betriebsergebnis aufzubessern gedenkt, ihresgleichen sucht. Es ist aber viel schlimmer: Schleckers Praxis mag außergewöhnlich dreist sein – das Prinzip aber ist keineswegs mehr ein Einzelfall. In immer mehr Betrieben und Branchen geraten Tariflöhne unter Druck. Zeitarbeit, bis in die siebziger Jahre verboten, war einst dazu gedacht, Produktionsspitzen abzufedern. Heute wird sie immer häufiger als Instrument missbraucht, um Löhne zu drücken.
Darauf weisen sozialpolitische Initiativen, nicht nur in Bremen, seit langem hin. Viele Monate hat es gedauert, bis sich Mitte Januar das Arbeitsministerium genötigt sah, sich zur Causa Schlecker zu äußern. Das Signal ist schön und gut, ob es einen Unterschied macht, muss sich zeigen. Ohne eine grundlegende Reform der Hartz-Gesetzgebung jedenfalls wird sich nicht viel ändern – und die ist kaum zu erwarten. Sehr wohl gezeigt hat sich aber, dass die Strategie der Flashmob-Aktivisten greift. Denn wer seine Eröffnungsfeier ausfallen lässt und sich hinter zugezogenen Rollos versteckt, den lässt der Protest nicht kalt. Die Konsequenz muss lauten: Noch mehr Druck von unten – dann vergeht auch möglichen Nachahmern die Lust am Prinzip Schlecker.