Kommentar Berliner Wirtschaft: Bürger brauchen Leitbilder
Gerade weil sich Rot-Schwarz als Wunschbündnis der Wirtschaft präsentiert, hätte sie mehr vorlegen müssen als nur Klein-klein.
E ine Handwerkervignette für die Innenstadt - das soll alles gewesen sein? Jedenfalls ist es die einzige Innovation, die SPD und CDU zum Thema Wirtschaft einfiel. Ansonsten wollen sie mit einem fröhlichen "Weiter so!" auf die Grundsteine aufbauen, die der linke Wirtschaftssenator in den vergangenen Jahren mühsam gelegt hat. Was für ein Armutszeugnis!
Gerade weil sich diese Koalition als Wunschbündnis der Wirtschaft präsentiert, hätte sie mehr vorlegen müssen als das nun verabredete Klein-klein. Gerade weil Rot-Rot eine gute Basis geschaffen hat für ein neues Wirtschaftsfundament in Berlin, wäre nun die Gelegenheit gewesen für ein Innehalten und die Frage: Welches Wachstum wollen wir, und welchen Preis sind wir bereit dafür zu zahlen?
Politiker müssen sich um die alltäglichen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kümmern. Sie werden aber auch gewählt, weil sie Visionen entwickeln sollen, Leitbilder, weil es um die Zukunftsfähigkeit eines Landes geht. Wo bleibt der Appell, dass wirtschaftliches Wachstum zum Wohle der gesamten Bevölkerung sein muss? Dass ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt nicht zur Folge haben darf, dass Menschen krank werden vor Lärm und schmutziger Luft? Dass Wirtschafts- und Umweltpolitik eine Einheit bilden?
Konkret: Gern kann Handwerkern ihre Arbeit in der Innenstadt erleichtert werden. Grundsätzlich darf dies aber kein Einfallstor für weitere Ausnahmen in der Umweltzone sein; für ein lebenswertes Zentrum wäre es eher wünschenswert, wenn weniger Autos als bisher das Ziel wären. So weit denken die Koalitionäre leider nicht. Die Wahlperiode dauert ja nur bis 2016.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld