Kommentar Barrierefreiheit für Wähler: Privatisiert einfach die Wahllokale!
Alternative Wahllokale finden sich überall in der Stadt.
D ie Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben, Hilfestellung für Alte und Kranke - Selbstverständlichkeiten in einer modernen Metropole wie Berlin. Schlicht beschämend stellt sich die Realität dar, wenn mobil eingeschränkte Menschen nicht ins Wahllokal kommen, weil dem Bezirk das Anmieten einer mobilen Rampe zu teuer ist. Es braucht Alternativen zu Wahllokalen in öffentlichen Gebäuden. Berlin will doch eine kreative Stadt sein, wieso nicht endlich auch in der Verwaltung? Deshalb: Privatisiert die Wahllokale!
Öffentlich zugängliche Räume in privater Hand gibt es in Berlin überall: In unzähligen ebenerdigen Büros, zumeist früheren Ladengeschäften, sitzen Bürogemeinschaften aus Architekten, Juristen, Grafikern und Werbern. Die Bezirke könnten sie anmieten, kostenpflichtig. Zu teuer? Nein, eine moderne Wahlhelfer-Variante, die Kiezbindung und Zuverlässigkeit bringt.
Und wieso nicht in den riesigen Einkaufspassagen wählen gehen, die nun wirklich in jedem Bezirk aus dem Kraut schießen? Sie erfüllen mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Parkplätzen und Fahrstühlen alle Voraussetzungen der Barrierefreiheit. Und wenn der Wahltag verkaufsoffen wird, steigt vielleicht sogar die Wahlbeteiligung.
Zurück zur Geldfrage: Auf rund 2,7 Millionen Euro beziffert das Büro der Landeswahlleiterin allein die Sachkosten der anstehenden Wahlen. Darin noch nicht enthalten sind Personalkosten, etwa für den Freizeitausgleich von Mitarbeitern der Wahlämter. 568 Wahllokale sind am 18. September nicht barrierefrei. Zahlten wir jedem Anbieter eines barrierefreien Ersatzlokals in der Nachbarschaft 500 Euro, wären das immer noch Peanuts.
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