piwik no script img

Kommentar Abtreibungsschiff MarokkoWie schon vor Portugal

Kommentar von Sarah Diehl

Die Aktionen der „Women on Waves“ zeigen, welche wichtige Wirkung es hat, wenn Frauen ihre Lebensrealität darstellen können.

F ast ist es wieder wie 2004. Als die „Women on Waves“ damals mit ihrem Abtreibungsschiff nach Portugal kamen, wurden sie ähnlich empfangen wie heute in Marokko. Die Marine des Landes schickte „Kriegsschiffe, um die Gebärmütter der Nation zu bewachen“, wie es ein Facebook-Kommentar treffend beschrieb.

Der anschließende mediale Wirbel führte zu einer Debatte, in der endlich die zu Wort kamen, die von dem Abtreibungsverbot betroffen waren: Frauen, die zu unsicheren und überteuerten illegalen Abtreibungen gezwungen waren. Nach einer anschließenden Volksabstimmung wurde Abtreibung legalisiert.

Einen ähnlichen Erfolg hatte die Kampagne „Ich habe abgetrieben“ in der deutschen Illustrierten Stern 1972. Beide Beispiele zeigen, welche Wirkung es hat, wenn Frauen ihre Lebensrealität darstellen können. Ebendeshalb ist es die wichtigste Strategie von konservativen und religiösen Abtreibungsgegnern, mit Schuld und Schamgefühlen durch die alleinige Fokussierung auf den Embryo Frauen zum Schweigen bringen – so wie jetzt in Marokko.

Der Vorwurf, dass „Women in Waves“ sich imperialistisch verhielten, wird nur von ebendiesen Konservativen vorgebracht. Weltweit werden derzeit Gesetze verabschiedet, die den Schutz der Tradition oder der Familie vorgeben. Sie entpuppen sich meistens als Instrument, die neu erkämpften Selbstbestimmungsrechte von Frauen einzuschränken.

ist Autorin der taz. Die Kulturwissenschaftleriin und Dokumentarfilmerin setzt sich seit Jahren für internationale reproduktive Frauenrechte ein.

In Nordafrika haben Frauen nicht weniger das Bedürfnis, ihre Gebärfähigkeit zu kontrollieren, als in Europa. Das Abtreibungsverbot wurde in den meisten afrikanischen Staaten erst von den Kolonialmächten eingeführt. Bis heute sterben aufgrund dieses Verbotes jährlich weltweit immer noch 47.000 Frauen. Der Aktion vor der marokkanischen Küste ist daher richtig – und überfällig.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • S
    Sandra

    Menschen eines anderen Landes aufzurufen, gegen das dortige Gesetz zu handeln, ist nicht recht.

     

    Stellen wir uns mal den umgekehrten Fall vor: eine Marokkanische Männerorganisation kommt mit einem Schiff vor der Niederländische Küste, und ruft das Holländische Volk auf, die Frauen auszuliefern die abgetrieben haben, um diese zu strafen.

  • AR
    alter Rammler

    Soll das bedeuten, dass vor der Kolonisierung heftig abgetrieben wurde?

  • F
    frei

    Danke.

     

    Befreiung kommt von "unten".

    Zivilcourage.