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Kolumne WutbürgerPsycho, Esoterik, Quatsch

Kolumne
von Isabel Lott

Wildfremde Menschen wollten uns nicht nur im Wahlkampf unbedingt helfen, die eigene Mitte zu finden. Um Gottes Willen, nein!

Klangschalen erleichtern das Auffinden der eigenen Mitte. Bild: dpa

I m Wahlkampf kämpften die meisten Parteien um die gesellschaftliche Mitte. Merkel wollte Maß und Mitte, Steinbrück zeigte uns seinen Mittelfinger. Ich war also voll Mitte-sensibilisiert, als ich im Bioladen den Zettel einer Heike entdecke, die zu einem Achtsamkeits-Workshop einlädt, um für 30 Euro die eigene Mitte zu finden. Dabei sahen die meisten Kunden eigentlich so aus, als ob sie wüssten, dass sich ihre Mitte immer exakt zwischen zwei Punkten befindet.

Im Supermarkt um die Ecke wollen die Leute, glaubt man den Zetteln, eher handfeste Sachen. Ihr altes Sofa loswerden oder den Computer reparieren. Aber hier im Bioladen entdecke ich unzählige Flyer von Pseudo-Therapeuten, die zu abstrusen Workshops und Kursen einladen. Ihr Ziel ist es, gestresste Stadtmenschen, die sie wahrscheinlich selber mal waren, über den Tisch zu ziehen.

Das Angebot reicht von Lichtgitter-Energiearbeit, die wie eine geistige Waschmaschine wirkt, bis zur Systemaufstellung, die bei der richtigen Partnerwahl helfen soll. Gegen entsprechende Gebühr verkaufen sie auch Wege aus dem Stress durch Seelentanz oder angstfreien Umgang mit Astrologie.

Bild: Wolfgang Borrs
Isabel Lott

Jahrgang 1962, ist seit 2003 Fotoredakteurin der taz. Mit ihren KollegInnen aus der Fotoredaktion ist sie für die Bebilderung der Zeitung verantwortlich. Am Layouttisch prallen dann Wunsch und Wirklichkeit aufeinander. Als gute Wutbürgerin hat sie das Wort „bisschen“ aus ihrem Wortschatz gestrichen.

Die Anbieter dieser Veranstaltungen kommen aus dem Graubereich der Psycho und Coaching-Szene und glauben nach ein paar Fortbildungen genau zu wissen, was mit uns los ist. „Die Freude am einfachen Sein fehlt.“ Das ist nicht schön und deshalb wollen sie helfen: die Steffi, damit wir uns wieder spüren. Und die Claudia wird ganz grundsätzlich und hilft Männern und Frauen, sich am Mensch-Sein zu erfreuen. Meisterin Eva behauptet sie habe den Schlüssel zu unserem inneren Potential und der Malte betreut gern in Krisensituationen – inklusive liebevoller und wertschätzender Haltung. Wer diese Kurse in Anspruch nimmt hat wirklich ein Problem.

Ich selbst habe mich für einen Kurs entschieden, der mich mit dem Himmel und der Seelenwelt verbindet, da zahle ich einen Beitrag nach eigenem Ermessen.

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4 Kommentare

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  • Wer sich von teils selbsternannten Psycho-Freaks was einreden läßt , ist selber schuld .Da in dieser Branche sehr viel Schalartane und Spinner zu Hause sind um sich das Geld von leichtbeeinflußbaren Leuten kassieren .

  • Z
    Zweiflerin

    Ich finde, Sie gehen an der wichtigsten Frage vorbei, nämlich der Frage, wie es kommt, dass in den letzten Jahren solche Kurse boomen.

    Meiner Ansicht nach liegt das hauptsächlich am steigenden Druck auf Arbeitnehmer und Schein- oder Zwangsselbständige, immer mehr Leistung in immer weniger Zeit bringen zu müssen. Dazu der ganze Stress im Privaten. Und dann gehen die Leute her und glauben, dass sie versagen, wenn sie das alles nicht schaffen, und buchen solche Kurse, um zu versuchen, sich zu einem Lebewesen zu machen, das diesem Dauerstress standhalten kann.

  • Was für ein sinnloses Geschreibsel. Liebe Isabel Lott, keiner zwingt Sie solche Angebote wahrzunehmen!

    Sie gehen ja auch nicht zum Arzt, wenn Sie gesund sind. Ich gehe nicht zum Fußball, wenn es mich interessiert!

    Trotzdem haben Ärzte und Fußball ihre Daseinberechtigung in dieser pluralistischen Geselschaft! Genauso wie Astrologie oder Tai Chi - für solche Menschen, die so etwas mögen! Da fordere ich doch etwas mehr Toleranz!

  • S
    Saturnous

    Im Biomare, ein Ökosupermarkt in Leipzig ist das anbieten esotherischer Dienstleistungen an dem Schwarzen Brett strickt untersagt, wir haben gefühlt auch eine sehr niedrige Heilpraktikerdichte und eine Studie hat ergeben das Ostdeutsche auch bei unheilbaren Krankheiten kaum Quacksalber aufsuchen.