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Kolumne WortklaubereiDie Ruhe vor dem Wurm

Kolumne
von Josef Winkler

Kolumne mit gleich zwei Kalauern vorneweg. Und dann kommen Marie-Luise Marjan und die Gesichtsrose - sinngemäß natürlich nur.

N ur Prälaten kommen in den Garten. Ha! Das hört sich hübsch bescheuert an, stimmt aber deshalb noch lange nicht. Im Gegenteil sind zum Lustwandeln im "Prälatengarten" des Klosters Schäftlarn hier bei München neben katholischen Würdenträgern wie dem Ratzinger, der natürlich schon mal hier war, weswegen hier eine Erinnerungstafel hängt, auch Kreti und Pleti geladen.

Und vor einigen Tagen verschlug es sogar uns dorthin. Ich wandelte an den Beeten mit sorgfältig beschrifteten Rosenstöcken entlang, sah vor dem inneren Auge den Ratzinger an der Rose "Erotica" schnuppern und vielleicht eine schief sitzende "Lolita" hinrichten. Und amüsierte mich maßvoll darüber, dass es neben einer Rose "Peter Frankenfeld" auch eine Rose "Marie-Luise Marjan" gibt. "Mutter Beimer als Rose", berichtete ich der derzeit birnenförmigen A., die das sinngemäß ebenfalls amüsant fand, setzte mich zu ihr auf die Bank und blätterte ungezielt in der mitgebrachten taz.

Ich entschied mich für die Rubrik "Das wollen Sie gar nicht wissen", die, wie sich nun zeigte, etwas für mich in diesem Moment durchaus Wissens-, ja Staunenswertes enthielt. Informierte sie doch darüber, dass am 9. August 2010 die Schauspielerin Marie-Luise Marjan ihren 70. Geburtstag beging. "Das ist ja ein lustiger Zufall", sagte ich sinngemäß zur A., die mir sinngemäß zustimmte.

privat

Josef Winkler lebt und arbeitet, was sein Nervenkostüm und Zeitbudget nicht unerheblich in Anspruch nimmt, in München und Palling. Hobbies: Zeichnen, Tiere, Musik, Nichtschwimmen.

Genau. Das sind so die Storys, die mir momentan passieren. Wir haben hier unser ganz persönliches Sommerloch in Erwartung einer bevorstehenden Niederkunft. Ein alles aufweichender Grundnervositätsennui hat sich eingestellt. Die Tage schwappen dahin, man tut ein wenig hier, nestelt etwas dort; ein Fokussieren findet nicht statt. Es ist die Ruhe vor dem Wurm.

Aus dem Radio quillt derweil eine Welt weniger zum Kinderkriegen denn zum Fürchten in die Küche. In der Masse von Desastern verschwimmt die Unterscheidung von Natur- und Umweltkatastrophen, aber es gibt superhappy News vom Golf von Mexiko: BP habe dort einen "Meilenstein" gesetzt. Endlich den fiesen Ölsprudel gestoppt, diese Teufelskerle! Danke, BP! Außerdem sei über die Hälfte von dem ausgelaufenen Öl verdampft oder verbrannt. Gut, ne? Trotzdem werde die Ölpest "inzwischen als die weltweit größte in der jüngeren Geschichte eingestuft".

Ich frage mich, wie weit wohl "die jüngere Geschichte" zurückreicht. Vor Louisiana sind nach konservativen Schätzungen 500.000 bis 1 Million Tonnen Rohöl ausgelaufen. Entweder haben die alten Römer, diese Ferkel, damals in der älteren Geschichte noch schlimmer rumgesaut mit dem petra oleum, oder "in den Medien" wird Augenwischereiquatsch geplappert. Was von beiden? Ich überlege noch, da geht mir wieder der Fokus verloren und ich googel Peter Frankenfeld. Und nehme betreten zur Kenntnis, dass dieser 1978, zwölf Jahre nachdem jemand eine Rosenzüchtung nach ihm benannt hatte, schwer an einer sogenannten Gesichtsrose erkrankt und gestorben war. "Das ist ja wirklich gemein", sage ich zur A., und sie weiß sinngemäß nicht, was ich da rede.

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