Kolumne Wortklauberei: Eine Dame pfeift dünn
Über infames Wetter, meine Hauben-Kapuzen-Kombination beim Forellenmann und Kanzlerinnenunsinn.
D er Winter, so hört man, hat schon wieder einige Unfälle verursacht. Das sind faktisch erschütternde Berichte, die uns da erreichen von diversen Straßen, wo der Winter auch und gerade durch Schnee wieder Unfällen an ihm oft gänzlich Unbeteiligter Anlass und Ursache gab und zweifellos weiterhin gibt, während Sie noch versuchen, diesen bescheuerten Satz zu lesen - da! Hat's schon wieder gescheppert. Viel interessanter aber wäre doch einmal zu hinterfragen, wer eigentlich diesen ganzen Schnee verursacht hat?
Ich möchte keine Vorverurteilungen in die Welt setzen. Niemand hat die Absicht, eine Vorverurteilung in die Welt zu setzen. Aber: dieses verdammte Wetter! Dieses Hundswetter, dieses infame! Ist es denn nicht so, dass dieses Hundswetter ursächlich zu sehen ist nicht zuletzt für Unbilden und in diesem Zusammenhang in besonderem Maße auch und gerade für Schnee? Vorhin hat's jedenfalls grad wieder so geschneit, dass eine ältere Frau am Stand vom Forellenmann mich mit meiner Hauben-Kapuzen-Kombination und offenbar nur aus dem Augenwinkel von seitlich-hinten blickend, für eine "Dame" gehalten hat.
"Die Dame, glaub ich, war vor mir", antwortete Sie mit Verweis auf meine Person dem Forellenmann, der nach der Kundenreihenfolge gefragt hatte. Der Forellenmann zeigte sich angemessen erstaunt über diese Auskunft, ebenso die Frau, mir nun in den Zauselbart blickend, sowie ich selbst. Das war mir tatsächlich noch gar nie passiert. Denn das sieht ja nun wirklich ein Blinder mit Krückstock, dass ich nicht aussehe wie eine Dame. Oder sagen wir so: Die Dame tät sich schön bedanken, die so aussieht wie ich.
JOSEF WINKLER lebt und arbeitet, was sein Nervenkostüm und Zeitbudget nicht unerheblich in Anspruch nimmt, in München und Palling. Hobbies: Zeichnen, Tiere, Musik, Nichtschwimmen.
Jetzt hat Angela Merkel wieder ihre bei solchen Gelegenheiten meistbemühte Floskel ausgepackt und das Selbstmordattentat von Moskau als "feigen Anschlag" "gegeißelt". Und man fragt sich, wie bestürzend ein Ereignis eigentlich sein müsste, damit sich im Kanzleramt mal jemand hinsetzt und vielleicht zwei Minuten darüber nachdenkt, was der Chefin anschließend als offizielles Statement unter die Lesebrille gelegt wird, und ob das wirklich sein muss, dass die Staatschefin einer respektierten Kulturnation bei einem solchen Anlass einen solchen sozial inkompetenten 08/15-Worthülsen-Dünnpfiff daherredet. Was ist ein "feiger Anschlag"?
Erst einmal ist das nicht feige, sich selbst zu sprengen; ich kenne keinen - hoffe ich inniglich -, der oder die sich das trauen würde. Gleichzeitig ist es völlig unerheblich, weil ja wohl niemand, und doch bitte am wenigsten ein Vertreter eines Rechtsstaates, so schräg drauf sein sollte, Mordtaten nach dem Grad ihrer Tapferkeit zu sortieren.
Was wäre der Gegenschluss? "Ein brutaler Mord, verübt von einem unbekannten Täter. Aber Schneid hatte der!" Dass ein Mord "feige" verübt wurde, macht ihn doch nicht verwerflicher als er an sich erscheinen sollte in einer Zivilgesellschaft. Merkt man nicht, während man so etwas ausspricht, dass es Müll ist? Und merkt man es doch, redet man dann wissend weiter diesen Müll? Weil er halt okay klingt und so auf Manuskriptvorlage 4 steht? Und ist das nicht zynisch?
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