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Kolumne Seitenblick auf US-WahlkampfDer Händedruck zählt

Kurz vor Schluss schauen die Präsidenschaftskandidaten nochmal in Ohio vorbei. Dabei wird schaft beobachtet, wieviel Aufmerksamkeit sie für Kleinstadtprobleme übrig haben.

Wilmington ist eine kleine Stadt im seit Monaten umkämpften Ohio. Wie in den meisten Städten Ohios, des von Republikanern traditionell beanspruchten aber von Demokraten heiß begehrten Staates, haben sich beide Kandidaten, John McCain und Barack Obama, in den letzten Monaten hier gleich zwei mal blicken lassen. Jeweils in kleiner Runde sprachen sie mit Bürgern Wilmingtons. Oft ist das erste, was man zu hören bekommt, wenn man fragt, wie es war. “Sein Händedruck war warm und fest” erzählt Marla Stewart, die Besitzerin des einzigen Buchladens in Wilmington. Sie ist aktiv in einer Bürgervereinigung zur wirtschaftlichen Rettung der von Arbeitslosigkeit bedrohten Stadt.

Bild: taz

ADRIENNE WOLTERSDORF ist USA-Korrespondentin der taz.

“Er schaut dich an und hält den Blick ruhig auf dich und schaut dabei so, als ob er abwartet, was du zu sagen hast,” sagt die ehemalige Lehrerin und wirkt immer noch beeindruckt. Stewart ist Demokratin, daher ist es nicht überraschend, dass ihr Obama imponiert hat. Steve Dahlberg ist Republikaner und ebenfalls Mitglied der Bürgerinitiative. Als er John McCain im Juni auf Einladung treffen durfte, war er zunächst euphorisch. Dann verwundert. Das Treffen fand im lokalen College statt, in einem Raum, dessen Fenster am hellichten Tag mit Papier zugeklebt worden waren und in dem zahlreiche Sicherheitsbeamte herumstanden. John McCain schüttelte Hände - aber nur die der beiden Sprecher der Initiative und der anderen Honoratioren.

“Er schien uns zu sehen, aber hatte wohl nicht vor, herum zu gehen und uns alle zu begrüßen, erzählt der Mitarbeiter eines Buchhalterbüros. ”Während McCain die paar Leute, die vorne saßen begrüßte, schaute er sich um und machte ein paar joviale Bemerkungen. “Irgendwie kam es mir gar nicht persönlich vor”, erzählt Steve. Das hat ihm nicht gefallen. Als er einen Monat später beim Treffen mit Obama dabei war, beeindruckte ihn die Aufmerksamkeit, mit der Obama zuhörte. Natürlich seien seine Mitarbeiter und Sicherheitsbeamte dabei gewesen – aber Obama “gab uns das Gefühl, dass wir die Experten sind - und er zuhört. Er stellte präzise Fragen. Er verstand genau, um was es geht.”

Und dann kam noch Ralph Nader in Wilmington vorbei. Nader, der von Demokraten wegen der hauchdünnen Wahlniederlage im Jahr 2000 mittlerweile gehaßte Präsidentschaftskandidat der Grünen, kandidiert in diesem Jahr als Unabhängiger. “Er war eigentlich der Beste”, sagt Stewart. Dahlberg stimmt ihr zu. “Er kam rein, schüttelte uns freundlich, energisch die Hände, und der Rest war wie ein tolles Businessmeeting,” sagen sie. Am Ende hatten wir Telefonnummern von mehreren ehrenamtlich arbeitenden Rechtsanwälten und Organisationen, die uns helfen könnten. “Er war freundlich, brilliant, praktisch. Schade, dass man ihn nicht ernsthaft wählen kann”.

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