Kolumne Olympia: Naturfreunde auf Brettern
Komische Freunde habe ich: Ein Tagesausflug zum Ski fahren nach Tschechien soll okay sein. Die Olympiade aber schadet dem Klima. Und die Wasserski-Anlage vor Ort muss gestoppt werden.
D as ist einfach schön, wenn man sein Ding gefunden hat, sagt er, und dass es auch diesmal wieder herrlich war. Seit ein paar Jahren schon fährt er mit seiner Familie in den Winterferien ins Engadin. Die Kinder können ganz gut Skifahren inzwischen, freut er sich. Er sowieso. Und seine Frau immerhin so gut, dass er sich nicht ärgern muss drüber, dass er ihr eine so teure Skiausrüstung zu Weihnachten geschenkt hat.
Jetzt ist die Familie zurück in Berlin. Wir stehen an der Brottheke im Bioladen, als er mir von seinem Skiurlaub erzählt. Er kauft drei Laibe Vierkornbrot. Will der jetzt sein durch den Skiurlaub schlecht gewordenes Ökogewissen durch massiven Biobrotverzehr erleichtern, frage ich mich.
Sieht er mir diese Frage an? Das ist so toll in der Schweiz, sagt er, da kriegst du überall Biofleisch, die trennen den Müll und außerdem haben die da unten ein ganz anderes Bewusstsein für Umwelt und so. In der Skischule haben sie sogar einen Prospekt verteilt mit Infos über Flora und Fauna im Bergwald. Ja dann, sage ich. Er ordert noch ein Dinkelbrot und strahlt mich an.
Du auch, frage ich einen Freund, der mir seinen bandagierten Skidaumen zeigt. Das macht einfach Spaß, sagt er. Und die Kinder können jetzt auch schon so gut Skifahren. Und deine Frau sieht wahrscheinlich ganz fantastisch aus in ihrem neuen Skianzug, frage ich. Ja, den habe ich ihr extra noch gekauft, bevor wir losgefahren sind. Ich nicke wissend. Kommst du heute Abend zu der Veranstaltung fragt er mich, und dann drückt mir ein Flugblatt in die Hand.
Andreas Rüttenauer ist Sport-Redakteur der taz.
Seit Jahren mobilisiert er gegen eine Wasserski-Anlage auf dem See, in dessen Nähe wir wohnen. Aber... Mehr muss ich gar nicht sagen, schon fängt er an sich zu rechtfertigen. Wir waren doch nur in Tschechien, ganz gemütlich auf einer kleinen Baude, das ist jetzt nicht unbedingt so, dass das schlimm ist. Das ist ja nicht wie in den Alpen. Ja dann, sage ich. Du kannst ja auch noch ein paar von den Dingern verteilen, sagt er, drückt mir einen Stapel Flugzettel in die Hand und strahlt mich an.
Scheiß Wetter, sagt er. Eigentlich hätte es klappen müssen. Aber dann sind sie in Österreich mit dem Enteisen der Maschinen nicht nachgekommen und er konnte erst am nächsten Tag zurückfliegen. Dabei hatte er sich das so schön ausgemalt. In aller Herrgottsfrüh hinfliegen von Schönefeld aus, und am Abend wieder zurück. Vom Flughafen gibt es einen Shuttle direkt zur Seilbahn, fertig. Und dann das Enteisen, das checken die Ösis nicht.
Er hört gar nicht mehr auf zu erzählen. Auf der Piste war es geil und das neue Board ist abgegangen wie Sau. Und das neue Outfit? Ja, geil, das hat mir meine Frau zu Weinachten geschenkt, da konnte ich schon mithalten mit den anderen, die da waren. Aber ein Tagesaus... Er lässt mich nicht ausreden. Andere fahren eine ganze Woche, ist auch nicht besser, sagt er, da fahre ich die Berge weniger kaputt. Und An- und Abreise haben die auch. Ja dann, sage ich. Er strahlt mich an.
Ob er Shaun White gesehen hat, frage ich ihn dann, den Wahnsinnigen in der Halfpipe. Vancouver? Interessiert mich nicht, sagt er, das ist doch pervers, was die da machen. Der ganze Wintersport, das ist doch der Wahnsinn für Umwelt und Klima und so. Wieder ist er nicht zu bremsen. Ich würde das ganze Spektakel verbieten, sagt er.
Es war ein lehrreicher Tag für mich. Skifahren und Snowboarden sind o.k. - Wintersport ist scheiße.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!