Kolumne Ökosex: Maischberger, Queen of Ökosex

Der Klimaclub stellt sein Frühlingsprogramm vor: "Kein Auto über 120" und "10.000 für ein Hallelujah".

Es kann losgehen. Die in Ökosex (am 11. April) vorgestellte Kampagnenidee "Kein Auto über 120" stieß in Klimaschutz-Deutschland auf ein sehr positives Echo. Das Konzept sieht vor, in deutschen Autohäusern mit großen Plakaten der Klimakanzlerin Angela Merkel zu werben, die den deutschen Autofahrer bittet, beim Autokauf an seine staatsbürgerliche Pflicht zu denken. 120 steht dabei für 120g/km CO2 und 120 km/h.

Anscheinend ist die Idee innerhalb der Bundesregierung abgesegnet. Wir haben auf jeden Fall vom Kanzleramt noch nichts Gegenteiliges gehört. Deshalb auch die Einladung an die deutschen Umweltverbände: Wollen auch Sie der Kanzlerin mit dem Verteilen entsprechender Poster und Autoaufkleber helfen, bitte wenden Sie sich an das Ökosex-"Kein Auto über 120"-Kampagnenteam.

So jagt ein Ökosex-Höhepunkt den anderen. Fietse ich diese Woche von zu Hause zum Bahnhof in Maastricht. Steht da am Straßenrand ein Steck-in-die-Steckdose-Hybrid (englisch plug-in). Ich falle vor lauter Staunen fast vom Fiets. Wow, es ist ein Auto von Ecofys. Das ist eine niederländische Ökoconsultingfirma. Die haben also einen normalen Toyota Prius umbauen lassen. Plug-ins sind die Hybridautos der Zukunft, mit Elektro und Benzinmotor, die man aber wie Elektroautos aufladen kann. Das gibt es noch nicht serienmäßig. Ich habe mich bei Ecofys umgehört. Dieser Prius hat eine neue Batterie verpasst gekriegt und kann jetzt 50 km rein elektrisch fahren. So soll er viel weniger CO2 ausstoßen als der normale Prius, abhängig selbstverständlich vom Strommix. Der Ecofys-Prius ist also ziemlich ökosexy und ein schönes Gefährt für den Herrn Bundesumweltminister mit seinen Biotreibstoff-Akten. Die Firma Spinnovation.com bietet den Umbau an. Natürlich ist die Kiste an sich immer noch viel zu groß, zu schwer und zu teuer. Aber das Prinzip, Elektro-Kurzstrecke und Verbrennung-Langstrecke mit einem Auto, daswird der geniale Einstieg in die viel effizientere, elektrische Mobilität. Bei geschicktem Netzmanagement könnten Millionen Batterien nachts dann sogar überschüssigen Ökostrom laden.

Ich träume von so einem elektrischen Teil, das ich dann mit meinem eigenen Strom betanke. Mit Eigenstrom. Eigenstrom klingt wie Eigenblut. Und Eigenstromdoping ist tatsächlich der ultimative Kick des solaren Effizienzrevolutionärs. Eigenstrom ist eine Sucht. Und weil ich davon nicht genug bekommen kann, habe ich mir letzte Woche 10.000 kWh im Jahr zugelegt. Zur Erinnerung: Steinewerfen am Bauzaun der Nachfrage, also der Wechsel weg von den Atom- und Kohlekonzernen zu einem soliden Ökostromunternehmen. Ja, das ist die Einstiegsdroge.

Und ich bin froh, dass die Macher der Internetgemeinde von Utopia.de jetzt eine weitere große Kampagne zum Stromwechsel starten. Die haben sogar Promis im Programm! Bei Utopia.de ist Sandra Maischberger die Queen of Ökosex. Sie kauft nicht nur Ökowindeln, sondern hat jetzt sogar grünen Strom und spricht darüber. Das ist prima. Sie wäre jetzt die richtige Kandidatin für den zweiten Schritt: Stromkunden in die Produktion. Das heißt erst mal bescheiden: so viel Strom selber machen, wie man als Haushalt verbraucht, das sind so 3.000 bis 4.000 kWh im Jahr. Das ist Pipifax. Das schafft beinahe unsere kleine Photovoltaik-Anlage. Für Dachlose geht es auch einfacher. Letzte Woche haben wir uns noch einen Teil einer Windmühle zugelegt, die im Herbst auf der schwäbischen Ostalb gebaut wird. Die Schüssel kostet so rund drei Millionen Euro, die durch Kredite und fast 300 Bürgeranteile à 5.000 Euro finanziert wird. Aus einem jämmerlichen, abhängigen, gedemütigten Stromkunden in einem Land der Atom- und Kohle-Oligopolisten wird so mit 5.000 Euro Investition ein freier Klimaschutzunternehmer. Wir werden damit in Zukunft zusätzlich rund 10.000 kWh Strom im Jahr produzieren. Da könnten wir mit einem elektrischen Auto recht weit kommen. Oder drei Haushalte mit grünem Strom mitversorgen. Oder sehr viel mehr Fernsehen. Sandra Maischberger selbstverständlich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.