Kolumne Ökosex: Kampf dem Atomguido
Wenn die FDP bei den Wahlen gewinnen sollte, wird sie ihre Versprechen einhalten: Den Atomausstieg stoppen.
W olf Maahn schmetterte mal einen Song gegen Atom. Der ging so: "Oh, oh, oh, Tschernobyl, das letzte Signal vor dem Overkühl, oh, oh, oh, stoppt die AKW."
Martin Unfried, Jahrgang 1966, arbeitet als Experte für europäische Umweltpolitik in Maastricht. Er liebt die solare Effizienzrevolution, kauft sich hemmungslos Klimaschutzprodukte und will damit bis 2012 raus sein aus der fossilen Welt. Er singt auch bei Ökosex, der ersten Kolumnenband der Welt.
Das war dufte und entsprach dem heiteren Ernst des Post-Tschernobyl Zeitgeistes. Ich sang mit und nudelte falsche Soli auf der atomstrombetriebenen E-Gitarre. Damals in den Achtzigern noch mit ENBW Hardcore-Strom. Widerlich, aber wir waren jung und es gab noch keinen Stromwechsel. Das Maahnsche Mahnlied ist so heute natürlich nicht mehr drin. Ein knackiger AKW-Protestsong muss sich heute anders anfühlen. Und wir brauchen ruckizucki für den Bundestagswahlkampf kampagnenfähige Slogans und Songs gegen die Kernspaltung.
Daran arbeiten wir bei Ökosex mit Hochdruck, denn wir sind spät dran. Problem: Der Ökosexsong "Watnknall bei Vattenfall" wird dem Ernst der Atomlage nicht gerecht. Beim taz-Kongress fiel es mir wie Schuppen von den Haarrissen: Der Atomstreit, oder reißerischer ausgedrückt, der gesellschaftliche Atomkrieg in Deutschland steht vor der Tür.
Da klopft es. Es ist Guido Westerwelle, Umfragekönig im Rezessionsglück. Er möchte uns die Laufzeitverlängerung bescheren. Weil er unter den Aufrechten der Aufrechteste, unter den Liberalen der Liberalste ist, wird er zu den FDP-Wahlversprechen stehen. Er, Guido, wird nach seinem fulminanten Wahlsieg (25 Prozent FDP) mit der CDU den Atomausstieg in die Mülltonne der Geschichte kippen und das EEG und damit die Erneuerbaren massakrieren. Das ist ein Wurstkaas-Szenario, dessen Probabilität im Angesicht der Umfragewerte erschüttert. Deshalb sollten wir lieber bereits im Wahlkampf aktiv werden, bevor es zu spät ist. Also muss eine Kommunikationskampagne her, die von der Gefährlichkeit der FDPschen Atombrechstange überzeugt. Vielleicht erst ganz humorfrei, furchteinflößend. Im politischen Diskurs könnte man den Begriff der "Atompartei FDP" und ihren Vormann als "Atomguido" einführen. "Neoliberal heißt: Wirtschaft ruinieren, Atomkraft diktieren!" Zuspitzung, um das eigene Lager zu mobilisieren. "Zurück in die Steinzeit: die Atompläne der FDP."
Heiter könnte man eine Fotomontage basteln: Guido mit zwei Atommeilern vor der Brust und dann texten wir was mit Atombusen. Insbesondere muss kommuniziert werden: Wer wie die FDP und die CDU das alte Fass wieder aufmachen will, der stürzt die Gesellschaft in einen Kulturkampf, der zu nix führt - außer zu Magengeschwüren, einem frühen Tod und Ehekrach. Und es muss klar werden, dass die Atomfreunde von der FDP die größten Feinde der Erneuerbaren sind. Atombusen gegen Windhose. Bildidee mit stimmungsvoller Solaranlage in den bayerischen Bergen. Naturidyll. Text: "Das Ende des Wirtschaftswunders. FDP killt erneuerbare Arbeitsplätze".
Na, ja. Da müssen wir noch dran arbeiten. Wer hat die besten Ideen im Atomwahlkampf? Danke, FDP. Sie kann zur Renaissance der neuen Antiatombewegung beitragen. Ich hoffe allerdings, dass es vor der Wahl heftig zuckt und nicht erst, wenn der Reaktorkern in die Spree gefallen ist.
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