Kolumne Habseligkeiten: Bohnentee, aber nur den frisch gepressten
Kaffee wird nicht mehr nur gekocht, sondern schonend zubereitet, von Anfang bis zum bitteren Ende. Der dazugehörige maschinelle Vorgang bereitet einem schon mal Kopfzerbrechen.
Z u welcher Gruppe gehören Sie? A: Sie trinken morgens einen Tee. B: Sie trinken lieber Kaffee. C: Wenn Sie nur die Wahl zwischen A und B hätten, würden Sie sich für B entscheiden, aber im Grunde müssen Sie sich erst erkundigen, welche Art von Getränk Ihnen hier gerade angeboten wird, im Zweifelsfall trinken Sie nämlich lieber gar nichts als den falschen Kaffee.
Vor ein paar Jahren noch hätten Sie, sofern Sie Option C bevorzugen, als komplizierter Zeitgenosse gegolten, den man am besten gar nicht vor 17 Uhr ins Haus lässt. Heute, darf ich Sie beruhigen, liegen Sie voll in der Norm. Denn obwohl es inzwischen an jeder dritten Ecke eine Bude gibt, die ganz erträglichen Kaffee "To go"-anbietet, und wir uns ja schon daran gewöhnt haben, im Gehen zu trinken, scheint die private Mokkaproduktion eine wichtige Angelegenheit geworden zu sein. Ganze Schaufenster stehen voller Maschinen, die nichts anderes können als Kaffee kochen. Und gekauft werden sie anscheinend dennoch.
"Wie machst du deinen Kaffee?", fragte mich letzten Samstag ein Besucher, der gekommen war, um sein Kind abzuholen. Er hatte es einen Nachmittag lang bei mir untergebracht. Wir würden, erklärte ich, immer einen kleinen Espressokocher auf den Herd stellen. "Ich wollte", fing der Vater an, "gar nicht mehr ohne meine Espressomaschine leben." Dass man seinen Besuchern nicht mehr mit einem Tropffilter kommen könne, war mir klar. Und dass die Beliebtheit der Druckkanne nur bis zur ersten Verbrennung währt, auch. Ein bisschen wenig mondän kam ich mir mit meinem Gerät plötzlich trotzdem vor.
Natalie Tenberg ist taz-Autorin und schreibt regelmäßig für die Kolumne.
"Möchtest du lieber einen Tee?", fragte ich. "Nein, schon in Ordnung", antwortete er, machte aber ein Gesicht, als hätte ich ihm Pulver- oder Carokaffee angeboten. "Meine Frau trinkt eigentlich keinen Kaffee mehr", sagte er, "aber seitdem diese italienische Spezialmaschine bei uns steht, nimmt sie doch wieder ein, zwei Tassen pro Tag."
Seine Frau, erinnerte ich mich, war ein extrem nervöses Wesen, dem man höchstens unaromatisierten Roibostee anbieten sollte. Wie diese wundersame Maschine denn funktioniere, wollte ich wissen. Mit Kapseln? Oder diesen Pads? "Oh, nein!", wehrte mein Besucher entsetzt ab. "Oben kommen die Bohnen rein, die werden, selbstverständlich, bei jeder Tasse frisch gemahlen", betonte er. Das mache geschmacklich einen riesigen Unterschied, wir sollten unbedingt über eine solche Anschaffung nachdenken.
Vielleicht stimmt es ja sogar und jeden Morgen lacht man als fröhlicher Besitzer, schon wenn man die erste Tasse volllaufen sieht. Aber selbst Luigi Lavazza, bin ich mir sicher, wäre nie auf die Idee gekommen, sich ein solches Höllengerät auf die Küchentheke zu stellen, sondern hätte gewusst, dass dieses in die Gastronomie, nicht aber in einen privaten Haushalt gehört.
"Ist vor allem praktisch, wenn Besuch da ist", sagte der Vater. Nächstes Mal, so versprach ich ihm, würden wir seine Tochter zu Hause vorbeibringen. Das wäre kein Problem. Ich würde, nahm ich mir vor, einfach um einen Orangensaft bitten, sofern er frisch gepresst wäre.
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